Jahresbericht 2022

Liebe Leserinnen und Leser,

versetzen wir uns zurück an den Anfang des Jahres 2022. Jahresausblicke drehten sich eher um die Frage, ob uns ein weiteres Coronajahr erwartet und wie die konjunkturelle Entwicklung weitergeht. Mit Blick auf die Ukraine gab es einzelne Warnungen – doch ein tatsächlicher Angriff Russlands wurde kaum antizipiert. Der unverantwortliche Krieg und seine Folgen stellten auch acatech vor neue Herausforderungen.

In einer ersten Stellungnahme verurteilte das Präsidium den russischen Angriffskrieg und stellte heraus: Die Konsequenzen müssen Sicherheit, Resilienz und Nachhaltigkeit sein – und nicht nationaler Egozentrismus.

In der Folge erstellte acatech parallel zur Arbeit an den Zukunftsfragen unserer Zeit zahlreiche Expertisen zu den Folgen und möglichen Handlungen des Kriegs in der Ukraine. Bereits im Sommer erörterte das Akademienprojekt Energiesysteme der Zukunft (ESYS), unsere gemeinsame Initiative mit Leopoldina und der Akademienunion, die Auswirkungen auf Energiepreise und Versorgungssicherheit. Die Debatte über die tiefergehenden innovationspolitischen und strategischen Folgen eröffneten wir mit dem IMPULS Sicherheit, Resilienz, Nachhaltigkeit. In diesen drei Dimensionen müssen Deutschland und die EU gleichgerichtet vorankommen, um insgesamt unsere strategische Souveränität zu stärken. Auch brauchen wir eine offene Diskussion, was „Forschung für friedliche Zwecke“ bedeutet. So sollten etwa zu eng gefasste Zivilklauseln in der Forschung überdacht werden: Denn Frieden muss auch verteidigt werden.

So überschaubar der Kreis von Personen war, die Anfang 2022 den Krieg in der Ukraine vorhersahen, so wenig präsent war Anfang 2020 die Gefahr einer Coronapandemie. Anders gesagt: Wir müssen uns auf Unvorhergesehenes möglichst gut vorbereiten. Gleichzeitig müssen Technik und Innovation zur Lösung bekannter Herausforderungen wie des Klimawandels oder des Fachkräftemangels beitragen.

Daran haben wir 2022 intensiv gearbeitet: Wir haben Perspektiven einer nachhaltigen, resilienten Energie- und Wasserstoffwirtschaft ausgelotet – denn damit reduzieren wir zugleich Emissionen und einseitige Abhängigkeiten gleichzeitig. Wir haben das Zielbild einer Circular Economy weiter angereichert, denn (nicht nur) die Industrieländer müssen mit knappen Ressourcen sorgsam umgehen. Wir haben den Aufbau von Datenräumen forciert. Wir haben Wege in eine neue Mobilität erkundet und die vernetzte Wertschöpfung ausbuchstabiert. Eng verbunden mit all diesen Themen haben wir die Zukunft von Arbeit und Bildung ausgeleuchtet und sind in Dialogveranstaltungen kontinuierlich auf Gesellschaft und Politik zugegangen.

Bundeskanzler Olaf Scholz vertraut acatech in der Vorbereitung des Zukunftsrats der Bundesregierung und sprach auf unserer acatech Festveranstaltung. Die EU-Kommission hat acatech Ende 2022 mit der Einrichtung eines European Innovation Sounding Boards beauftragt, auch dazu mehr in unserem Kapitel zur Politik- und Gesellschaftsberatung. In besonderer Weise unterstützt uns der Freistaat Bayern als Sitzland: Am Münchner Karolinenplatz schlägt das Herz der inhaltlichen Arbeit von acatech.

So stark der Rückhalt von Freistaat, Bund und EU, so intensiv ist der Austausch bei acatech – darauf möchten wir weiter aufbauen. Unsere Akademie wirkt als Forum für die Diskussion und die gemeinsame Arbeit an der Zukunft. Wir freuen uns über Ihre Anregungen und danken allen, die sich bei acatech ehrenamtlich engagieren.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre unseres Jahresberichts.

Ihr acatech Vorstand

© Himsel

Prof. Dr.-Ing. Thomas Weber

© ESA

Prof. Dr.-Ing. Jan Wörner

© acatech

Manfred Rauhmeier

Energie und Wasserstoffwirtschaft

 © AdobeStock/ericsan

ESYS – Energiesysteme der Zukunft

Strompreise, Gaslieferungen und die energiepolitische Souveränität Deutschlands wurden 2022 als eine Auswirkung des Angriffs Russlands auf die Ukraine so stark diskutiert wie wahrscheinlich nie zuvor. Zur Anteilnahme am Schicksal der Ukraine und zur unmittelbaren Unterstützung des Landes kamen direkte Auswirkungen auf Leben und Wirtschaft in Deutschland hinzu. Nicht zuletzt stand die Frage im Raum: Kann Deutschland überhaupt auf russisches Gas verzichten? 

Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass dieser Verzicht möglich ist, aber umfangreiche Anpassungen erfordert. Als die Unsicherheiten jedoch groß waren und noch Gas von Russland nach Deutschland floss, diskutierte das Akademienprojekt Energiesysteme der Zukunft (ESYS) in einem Impuls auf Basis zweier Auftragsgutachten, welche kurz- und mittelfristigen Auswirkungen ein vollständiger oder teilweiser Wegfall russischer Energielieferungen haben würde. Die Ergebnisse zeigen, dass sich diese Entwicklungen über den Winter 2022/2023 hinaus auf die deutsche und europäische Energieversorgung auswirken werden: Energiepreise könnten dauerhaft hoch bleiben und Industrie wie Haushalte belasten. Um ab etwa 2030 wieder auf ein früheres Preisniveau zu gelangen und die Defossilisierung voranzutreiben, sind der vermehrte Ausbau erneuerbarer Energien und Infrastrukturen sowie eine verstärkte europäische Zusammenarbeit nötig.  

Wasserstoff wird der stoffliche Energieträger einer von fossilen Energieträgern unabhängigen Wirtschaft. Für den Aufbau einer deutschen und europäischen Wasserstoffwirtschaft ist ein zügiger, entschiedener Auf- und Umbau von Infrastrukturen unerlässlich. Klar ist: Deutschland und die EU werden ihren Bedarf an CO2-neutral gewonnenem Wasserstoff und dessen Folgeprodukten nicht aus eigener Herstellung decken können, sondern auf Importe angewiesen sein. Bis 2030 müssen belastbare Importbeziehungen und -wege für Wasserstoffe und dessen Derivate wie Ammoniak oder Methanol entstehen. Die ESYS-Analyse Optionen für den Import grünen Wasserstoffs nach Deutschland bis zum Jahr 2030 zeigt auf, welche Regionen als Importeure denkbar sind und wie sich Transportstrecke und -art auf Energieeffizienz und Kosten auswirken. Ein wesentliches Ergebnis für den Langstreckentransport: Die Distanz ist nur beim Transport in Pipelines ein besonders treibender Kostenfaktor, weniger dagegen beim Transport auf dem Schiff – eine Vielzahl von Regionen eignet sich als Handelspartner.  

Kostenanteile der verschiedenen Transportoptionen für eine gesetzte Transportdistanz von 2.000 Kilometern (Quelle: ESYS-Analyse Optionen für den Import grünen Wasserstoffs nach Deutschland bis zum Jahr 2030)
Umwandlungs- und Transportkosten verschiedener wasserstoffbasierter Energieträger in Abhängigkeit
von der Transportdistanz. Die Aufwendungen für die Wasserstofferzeugung sind in den Daten nicht enthalten.
Die Kosten für die Verdichtung und Verflüssigung von Wasserstoff sowie die Synthetisierung anderer Energieträger (Ammoniak, Methan, Methanol, synthetische Fischer-Tropsch-Produkte) sind hingegen in den abgebildeten Daten berücksichtigt (Quelle: ESYS-Analyse Optionen für den Import grünen Wasserstoffs nach Deutschland bis zum Jahr 2030).

Die Diskussion um Strompreise war 2022 zwar stark von aktuellen geopolitischen Einflüssen geprägt, doch auch die Dekarbonisierung wirkt sich darauf aus, wie viel die/der Einzelne für Strom und Güter zahlen muss. Deshalb diskutierte ESYS in einem Webinar der Reihe „How to Energiewendemit jungen Interessierten unter anderem darüber, wie der CO2-Preis sozial gerecht gestaltet werden kann. Die Gruppe sah eine transparente Gestaltung und gute, verständliche Kommunikation getroffener Maßnahmen als wichtige Faktoren, die Verständnis und Akzeptanz fördern.  

Unter dem Titel „Runter mit den Emissionen, hoch mit den Kosten?“ diskutierte das Akademienprojekt ESYS gemeinsam mit jungen Interessierten und Fachleuten die Frage, wie der CO2-Preis sozial gerecht gestaltet werden kann. (© Energiesysteme der Zukunft/Illustration by Ellery Studio)

Sichere Entsorgung und Tiefenlagerung von hochradioaktivem Material

© Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)

Das Standortauswahlverfahren für ein Endlager hochradioaktiver Abfälle in Deutschland markiert erst den Anfang eines langen Prozesses: Bis ein Tiefenlager befüllt und verschlossen werden kann, vergehen möglicherweise noch über hundert Jahre. Expertinnen und Experten der Wissenschaftsakademien Leopoldina, acatech und Akademienunion diskutieren in einem Impulspapier im Januar 2023 wie Forschungslandschaft und Forschung in dieser langen Perspektive aussehen müssen.

Besonders aus den hohen Ansprüchen an das Verfahren – partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent, selbsthinterfragend und lernend – folgt: Die nukleare Entsorgungs- und Tiefenlagerforschung muss laut der Arbeitsgruppe interdisziplinär aufgestellt und auch an Universitäten und Hochschulen wieder verstärkt etabliert werden. Noch für lange Zeit braucht es sowohl Fachleute, die aktiv am Endlagerprojekt mitwirken, als auch solche, die den unabhängigen Blick von außen einnehmen.

Wasserstoff-Kompass

Der Wasserstoff-Kompass ist ein gemeinsames Projekt von acatech und DECHEMA, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Mithilfe einer Metaanalyse und eines breit angelegten, vertieften Stakeholder-Dialogs schafft das Projekt einen Überblick über Wege in die Wasserstoffwirtschaft sowie entsprechende Handlungsoptionen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Die Projektergebnisse kann die Politik als Grundlage für eine Wasserstoff-Roadmap aus forschungs- und innovationspolitischer Perspektive nutzen. 

© Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) 
 

Bei Elektrolyse-Kapazitäten noch Luft nach oben 

Der Wasserstoff-Kompass dokumentiert inländische Elektrolysekapazitäten in einer fortlaufend aktualisierten Projektdatenbank. Stand Juni 2022 waren bis zum Jahr 2030 Projekte mit einer kumulierten Elektrolyseleistung von 4,3 Gigawatt angekündigt, was knapp 50 Prozent der im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielvorgabe von 10 Gigawatt entspricht. Werden auch undatierte Projekte betrachtet, erhöht sich die angekündigte stromseitige Elektrolyseleistung auf 7,6 Gigawatt.

© Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik 

Die Länderanalyse Internationale Wasserstoff-Strategien im Vergleich bietet eine Auswertung und einen Vergleich von 22 Ländern und Regionen weltweit. Die untersuchten Länder sind sich größtenteils einig: Wasserstoff soll künftig nicht mehr auf Basis fossiler Ressourcen gewonnen werden. Alle Länder setzen auf den Einsatz von Wasserelektrolyse. Dabei sprechen sie Strom auf Basis erneuerbarer Energien eine zentrale Rolle zu. Als Übergangstechnologie wird weltweit die Wasserstofferzeugung auf Basis fossiler Rohstoffe mit CO2-Abscheidung betrachtet. Welche Länder sich als Exporteure von Wasserstoff und seiner Derivate sehen, welche Anwendungsgebiete im Fokus der einzelnen Papiere stehen, ob der Auf- und Ausbau von Infrastruktur und internationalen Kooperationen angestrebt und inwiefern Forschung und Entwicklung international gestärkt werden – all das fasst die Länderanalyse zusammen.

Die Konferenz Wasserstoff-Dialog brachte 370 Stakeholderinnen und Stakeholder aus der Wasserstoff-Community zusammen, um gemeinsam die Weichen für eine nachhaltige, resiliente und boomende Wasserstoffwirtschaft zu stellen. (© Svea Pietschmann) 

Den Höhepunkt des Stakeholder-Dialogs im Wasserstoff-Kompass bildete im Oktober die Konferenz Wasserstoff-Dialog, die gemeinsam mit dem Forschungsnetzwerk Wasserstoff organisiert wurde. Fast vierhundert Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und organisierter Zivilgesellschaft erörterten kurz-, mittel- und langfristige Forschungs- und Entwicklungsbedarfe sowie Kernfragen des Hochlaufs einer Wasserstoffwirtschaft. Im Mittelpunkt standen Importkriterien, Ressourcenversorgung, Wasserstoff-Fachkräftebedarf, Sektorenkopplung, Herstellungsverfahren von Wasserstoff und wasserstoffbasierten Folgeprodukten, industrielle Nutzung sowie Sicherheit, Logistik, Infrastrukturen, Akzeptanz und öffentliche (Risiko-)Wahrnehmung. 

HySupply 

Gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) untersucht acatech im vom BMBF-gefördertem Projekt HySupply, unter welchen Voraussetzungen eine Wasserstoff-Partnerschaft mit Australien wachsen kann.  

In Australien kann viel Strom klimaneutral produziert werden. Damit gewonnener Wasserstoff kann per Schiff nach Deutschland und Europa gelangen. Australien verfügt über entsprechende Expertise und Infrastrukturen für den Export. Zugleich ist Deutschland an industriellen Wasserstofftechnologien beteiligt, insbesondere bei Elektrolyseuren und Syntheseanlagen.  

Im Mai 2022 reiste eine deutsche Delegation nach Australien: Rund 25 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik besuchten unter Leitung von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger die Städte Perth, Sydney, Brisbane und Adelaide. Das Ziel war, bestehende Kooperationen und Projekte weiterzuentwickeln und neue Partnerschaften anzubahnen. 

HySupply/BMBF-Delegation mit Ministerin Stark-Watzinger bei Fortescue Future Industries in Hazelmere, Perth (© Bundesministerium für Bildung und Forschung)

Im Juni 2022 legte die deutsche Projektgruppe eine Metaanalyse vor: Darin beschrieb sie vier Optionen zum Transport der erneuerbaren Energie: Flüssiger Wasserstoff, damit hergestellte flüssige Organische Wasserstoffträger (LOHC), Methanol und Ammoniak. Die Analyse zeigt Vor- und Nachteile dieser Optionen. Große Unterschiede gibt es bei den Reifegraden der jeweils notwendigen Technologien. 

Fast zeitgleich erschien die Studie German-Australian Hydrogen Bridge des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) im Auftrag von HySupply. Es handelt sich hierbei um eine Bestandsaufnahme der regulatorischen Rahmenbedingungen für eine Wasserstoffpartnerschaft zwischen Deutschland und Australien. Das Fazit: Die Errichtung von Importinfrastrukturen ist rechtlich möglich, die Umsetzung aber komplex und zeitintensiv. Für einen effektiven Aufbau der Wasserstofflieferketten müsse die EU ihre Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich vereinfachen, etwa für Importterminals oder eine effektive Verteilerstruktur innerhalb Europas, so die Empfehlung. 

Diese Empfehlung wurde auch in einem Aktionsplan aufgegriffen, der zum vorläufigen Abschluss des Projekts HySupply im Oktober 2022 veröffentlicht wurde. Darin skizziert das deutsche Projektteam um acatech Mitglied Robert Schlögl und BDI-Geschäftsführer Holger Lösch Handlungsfelder. Diese müssen innerhalb der nächsten zwei Jahre von allen Akteuren bearbeitet werden, damit eine Lieferkette zwischen Deutschland und Australien bis spätestens 2030 realisiert werden kann. Die Empfehlungen basieren auf einer umfangreichen Stakeholder-Konsultation sowie den Erkenntnissen der Delegationsreise nach Australien.

Handlungsfelder, die das HySupply-Projektteam im Aktionsplan identifiziert hat.
Quelle: HySupply – Germany’s Demand-Side Action Plan, 2022 (Icons: vecteezy.com, Ellery Studio)

Publikationen

Circular Economy und Ressourcen

© AdobeStock/Hue Chee Kong

Umsetzung einer Circular Economy in Deutschland

Roadmaps und Geschäftsmodelle sind Bausteine auf dem Weg zur Circular Economy

„From Ambition to Action“: Das war das Motto zweier Fachsessions der Circular Economy Initiative im Rahmen des World Circular Economy Forums (WCEF) 2022. Im Mittelpunkt der virtuellen Veranstaltungen standen Geschäftsmodelle einer zirkulär organisierten Wirtschaft sowie die Erfahrungsberichte verschiedener europäischer Länder bei der Umsetzung ihrer Strategiepläne (Roadmaps) hinsichtlich der Einführung einer Circular Economy. 

Projekt Battery Pass zur Unterstützung von Kreislaufbatteriedaten

Ein Konsortium aus Industrie und Wissenschaft startete am 25. April das Projekt Battery Pass. Die Gruppe bildet die gesamte Wertschöpfungskette von der Batterieproduktion und -nutzung bis zum Recycling ab und unterstützt so eine nahtlose Dokumentation eines ganzen Batterielebens. Im Projekt sollen Leitlinien zu branchenübergreifenden Batteriedaten und technischen Leitlinien gemäß den Anforderungen der EU-Batterieverordnung entwickelt und mit einem Demonstrator veranschaulicht werden. Insbesondere Daten, die Nachhaltigkeit in der Lieferkette und Zirkularität umfassend beschreiben, sollen im Projekt Battery Pass dokumentiert werden. Dazu gehören der Treibhausgas-Fußabdruck, Arbeitsbedingungen in der Rohstoffgewinnung, Bestimmung des Batteriezustandes (Alterung/Qualität) sowie Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit. Erst ein Batteriepass mit solchen Daten ermöglicht ein nachhaltiges, zirkuläres Management von Batterien. 

Übergabe des Förderbescheids am 25. April 2022 an die Vertreterinnen und Vertreter des Batterie-Pass-Konsortiums: Michael Kellner, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Tilmann Vahle, Systemiq Deutschland GmbH, Silja Piehl, Audi AG, Matthias Ballweg, SYSTEMIQ, Susanne Kadner, acatech Geschäftsstelle, Torsten Freund, BASF SE (von links nach rechts) (© Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz  (BMWK) /Susanne Eriksson)

„Make it circular!“ – Alles auf eine Karte 

Für den einfachen und wirkungsvollen Einstieg in die Circular Economy haben acatech und der WWF Deutschland mit Unterstützung der Johannes Kepler Universität Linz ein Strategiespiel erarbeitet: Make it circular! Zirkuläre Geschäftsmodelle im Unternehmen spielerisch kennenlernen bietet mittelständischen Unternehmen ein Kartenset und ausführliche Begleitmaterialien. Anhand des Spiels lassen sich die eigenen Geschäftsmodelle in selbstständig durchgeführten Workshops auf Circular Economy ausrichten. Das kostenlose Strategiespiel besteht aus 22 Mustern für zirkuläre Geschäftsmodelle und einem Moderationsleitfaden für die Workshops.

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Ein KI-System zur Identifikation und Zustandsbewertung von Altteilen 

Das Verbundprojekt EIBA – Sensorische Erfassung, automatisierte Identifikation und Bewertung von Altteilen anhand von Produktdaten sowie Informationen über bisherige Lieferungen zielt auf die Entwicklung eines KI-Systems zur Identifikation und Zustandsbewertung von Altteilen ab. Darin besteht ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufschließung: Der Übergang von der linearen hin zu einer Kreislaufwirtschaft erfordert eine effiziente Sammlung und Identifikation von gebrauchten Produkten. Im Frühjahr 2023 wird das Projekt seine Ergebnisse präsentieren. Projektpartner von acatech sind die Circular Economy Solutions GmbH, die TU Berlin und das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK.

Dialogplattform Recyclingrohstoffe 

Die Dialogplattform Recyclingrohstoffe soll einen höheren Beitrag von Sekundärrohstoffen für die Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft fördern. Im Dialog mit Industrie, Wissenschaft und Verwaltung werden in der Plattform Handlungsoptionen entwickelt. Ziel ist eine sichere und nachhaltige Versorgung der deutschen Industrie mit Metallen und Industriemineralen aus sekundären Rohstoffquellen. Im Herbst 2023 wird die Dialogplattform ihre Ergebnisse präsentieren. acatech ist hier wissenschaftliche Partnerin der Deutschen Rohstoffagentur (DERA). 

Holzbasierte Bioökonomie – nachhaltig, zirkulär, klimaresilient

© iStockphoto/georgeclerk

Innovative Technologien, Produkte und Dienstleistungen auf Holzbasis können einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Wirtschaftsweise leisten. Ein Verbundprojekt von acatech und der TU Dresden – gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) – hat mit Fachleuten Anreize und Hemmnisse für Innovationen mit Fokus auf die stoffliche Holznutzung analysiert sowie Handlungsempfehlungen abgeleitet und am 29. November 2022 in Berlin präsentiert. Ein Kernanliegen: Die Politik sollte den Vorrang der stofflichen Nutzung festschreiben und die energetische Verwendung auf nicht stofflich verwertbare Holzsortimente beschränken. Ausschreibungen müssen stärker an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet werden. Unternehmen wiederum sollten das Prinzip „Design for Re-Use and Recycling“ mitdenken. Zudem bedarf es einer breiteren gesellschaftlichen Einbindung, um Zielkonflikte frühzeitig zu diskutieren.

acatech Präsident Jan Wörner begrüßt die Gäste der Veranstaltung zur holzbasierten Bioökonomie am 29. November.2022 in Berlin. (© acatech/David Ausserhofer)

Übergabe der acatech POSITION Holzbasierte Bioökonomie an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) am 29. November 2022 in Berlin: v. l. n. r: Lukas Gieseking (FNR), André Wagenführ (TU Dresden), Hans-Jürgen Froese (BMEL), Jan Wörner (acatech Präsident) (© acatech/David Ausserhofer)

Nachhaltige Stickstoffnutzung in der Agrarwirtschaft 

© Shutterstock.com/Foto2rich

Ohne Stickstoff kein Pflanzenwachstum – doch erhebliche Mengen aus der Landwirtschaft schädigen gesamte Ökosysteme und tragen als Lachgas massiv zum Klimawandel bei. Deutschland verfehlt zudem die EU-Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser. Die POSITION Nachhaltige Stickstoffnutzung in der Agrarwirtschaft vom Januar 2023 zeigt, wie Stickstoffüberschüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette wirksam reduziert werden können. Sie empfiehlt unter anderem schärfere Grenzwerte, Anreize für nachhaltige Bewirtschaftungsstrukturen, eine präzisere Düngung verbunden mit einer Bepreisung von Stickstoffüberschüssen und mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Mobilität neu gestalten

© iStock/Grafissimo

Mobilität und Raum

Ob der Weg zur Schule, zur Arbeit oder zu einem Ausflugsziel: Mobilität ist für die Menschen in Deutschland Alltag. Die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, die Dauer, die wir unterwegs sind oder auch der dabei empfundene Komfort – all das hängt von strukturellen und sozialen Bedingungen ab. Diese Bedingungen zu analysieren und auf Basis der Analyse Empfehlungen zu geben, wie eine Mobilitätswende möglich ist, das ist das Ziel des acatech Projekts Integrierte Stadtentwicklung und Mobilitätsplanung.  

Gerade die urbane Mobilität braucht neue Konzepte, um dem Flächendruck zu begegnen, Umweltbelastungen zu senken, Teilhabe zu ermöglichen und der Vielfalt des städtischen Lebens gerecht zu werden. 

Wir wollen zukunftsfeste und umweltfreundliche Mobilität in unseren Stadtregionen als Lebensräume möglich machen. Um das zu erreichen, müssen viele unterschiedliche Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen. Was wir brauchen, sind Kooperation, eine nachhaltige Debattenkultur und eine an Zielen orientierte Rahmensetzung.

Co-Projektleiter und acatech Mitglied Klaus J. Beckmann
Beispiel aus „Ankommen statt unterwegs sein – Verhalten verstehen, Veränderung fördern Projekt Integrierte Stadtentwicklung und Mobilitätsplanung Zweiter Zwischenbericht“, S. 18

Zwei Berichte legte das Projektteam um die acatech Mitglieder Klaus J. Beckmann und Helmut Holzapfel 2022 vor. Sie zeigen anhand von Beispielen, wie stark unser Mobilitätsverhalten von vorhandenen Raumstrukturen, Angeboten im unmittelbaren Lebensumfeld und Routinen abhängt. Die Berichte dienen als Grundlage für eine neue Diskussion über Mobilität – mit dem Ziel, einen Kulturwandel herbeizuführen.

Für die Mobilitätswende ist ein Kulturwandel erforderlich. Dafür müssen wir über unser Verhalten, unsere Siedlungen und unser Alltagsleben neu diskutieren. Wir müssen anders denken und anders handeln, wenn es um das Thema Mobilität geht. Kurz gesagt: Wir brauchen eine neue Mobilitätskultur!

Co-Projektleiter und acatech Mitglied Helmut Holzapfel

Veranstaltungen sollen dabei helfen, diese Diskussion in die Breite zu tragen. So gab es im November 2022 einen Workshop mit fünfzig Schülerinnen und Schülern im Futurium Berlin. Die jungen Teilnehmenden reflektierten ihr eigenes Mobilitätsverhalten und benannten all die Probleme, denen sie im Alltag begegneten: Die Tickets in Bus und Bahn etwa seien zu teuer, es gebe außerdem zu wenige Verbindungen am Wochenende – und nachts sei der Radweg nicht beleuchtet. Als Nächstes sammelten sie Ideen und entwickelten Modelle, um diese Probleme zu lösen. Die Ergebnisse des Workshops fließen in das Projekt Integrierte Stadtentwicklung und Mobilitätsplanung ein; der Abschlussbericht erscheint im Herbst 2023. 

Schülerinnen und Schüler beim Workshop im Futurium am 9. November 2022
(© acatech)

Mobilitätsmonitor 

Das Mobilitätsverhalten der Deutschen stand auch beim Mobilitätsmonitor, einer repräsentativen Allensbach-Umfrage im Auftrag von acatech, im Mittelpunkt. Was sind aus Sicht der Bevölkerung die größten Herausforderungen im deutschen Mobilitätssystem? Wie lässt es sich umweltschonender gestalten? Und welche Unterschiede in der Wahrnehmung gibt es bei diesen und anderen Fragen zwischen Stadt und Land? 

Deckungsgleich mit den Ergebnissen des Projekts Integrierte Stadtentwicklung und Mobilitätsplanung offenbarte die im Herbst 2022 durchgeführte Mobilitätsmonitor-Umfrage, wie starr die Mobilitätsroutinen hierzulande sind: Nach wie vor ist das Auto für die Deutschen das mit Abstand meistgenutzte Verkehrsmittel, gefolgt vom Fahrrad. Über die Jahre hinweg sind die Umfrageergebnisse trotz Krisen und hoher Benzinpreise weitgehend stabil. 

Reduzierung der PKW-Nutzung, mehr Nutzung von Fahrrädern

© IfD-Allensbach | Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre | Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfragen 12000, 12064

Nur 23 Prozent der Pkw-Nutzerinnen und -Nutzer wiederum sehen den öffentlichen Nahverkehr als ernsthafte Alternative für ihr Fahrzeug. In Ostdeutschland sind es mit 17 Prozent noch weniger. In Dörfern ist dieser Wert am niedrigsten mit 14 Prozent – doch auch in Großstädten sind Bus und Bahn nur für 30 Prozent eine ernsthafte Alternative.  

Jedoch gibt es in der Bevölkerung eine beachtliche Bereitschaft, verstärkt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, wenn die Angebote preislich und teilweise auch von der Taktung her attraktiver werden. 48 Prozent der Bevölkerung, 52 Prozent der regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzer halten den ÖPNV zurzeit für teuer. Das 49-Euro-Ticket begrüßen 64 Prozent der Befragten. 

Positive Bewertung des 49-Euro-Tickets

© IfD-Allensbach | Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre | Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 12064

Die Mobilitätsmonitor-Ergebnisse befeuerten nach ihrer Veröffentlichung im Februar 2023 die Diskussion um den Ausbau und die Qualität des öffentlichen Personenverkehrs in Deutschland. Klar ist auch aus Sicht der Befragten: Verkehrsmittel wie der ÖPNV können dazu beitragen, das Mobilitätsystem umweltfreundlicher zu machen – damit stellen sie in den Augen der Befragten einen wichtigen Hebel für den Klimaschutz dar. 

Die Umfrage zeigt deutlich, dass sehr viele Menschen den Mobilitätswandel und einen klimaschonenden Verkehr wollen, aber alltagstaugliche Lösungen brauchen, die zu ihren persönlichen, individuell wie regional sehr unterschiedlichen Bedürfnissen passen. Es reicht nicht, die Menschen für vorgefertigte Lösungen gewinnen zu wollen. Sie müssen gehört, gefragt und in die Gestaltung vor Ort zentral einbezogen sein. Nachhaltige Mobilität gelingt nur, wenn alle Menschen sich als Träger der Veränderungen verstehen und engagieren.

acatech Präsident Jan Wörner

Datenräume Mobilität

Mobility Data Space 

Der von acatech initiierte Mobility Data Space (MDS) ist ein Wegbereiter für neue, digital vernetzte und an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Angebote und Lösungen im Mobilitätsbereich: Der MDS bildet einen Datenmarktplatz, auf dem gleichberechtigte Partner im Mobilitätssektor selbstbestimmt Daten austauschen, um Mobilitätsservices mit Mehrwert zu entwickeln. Beispiele sind verkehrsmittelübergreifende Reiseplaner, Dienste für eine effektivere Parkraumnutzung und Parkplatzsuche oder auch präzisere Frühwarnsysteme für Verkehrsbehinderungen. Zur Entwicklung dieser Angebote sind oft Informationen mehrerer Organisationen nötig – der MDS ist der Ort, an dem diese Informationen zusammenlaufen. 

Wegweisend ist der Mobility Data Space insbesondere hinsichtlich Transparenz, Datenschutzstandards, Dezentralität und Selbstbestimmungsrechten. Darin unterscheidet er sich wesentlich von bestehenden Datenmarktplätzen. Entsprechend erwähnte ihn Bundekanzler Olaf Scholz in seiner Grundsatzrede zur Europäischen Union an der Prager Karls-Universität im August 2022 als einen Beitrag zur Stärkung der digitalen Souveränität in Deutschland und Europa:

„Mit dem Mobility Data Space haben wir in Deutschland einen Anfang gemacht. Verknüpfen wir ihn mit ganz Europa“, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner europapolitischen Grundsatzrede in Prag am 29. August 2022. (© www.bundesregierung.de/breg-de/suche/scholz-rede-prag-karls-uni-2079410)

Europäischer Datenraum Mobilität 

acatech arbeitet seit Oktober 2022 für die EU-Kommission an der Entwicklung eines gemeinsamen europäischen Datenraums für Mobilität. Zusammen mit 16 weiteren internationalen Partnern unterstützt die Akademie im Rahmen des Projekts Vorbereitende Maßnahmen für einen europäischen Datenraum für Mobilität (PrepDSpace4Mobility) den Aufbau entsprechender technischer Infrastrukturen. Daran arbeiten führende Expertinnen und Experten des privaten und öffentlichen Mobilitätssektors sowie digitaler Technologien zusammen. Sie alle eint das Ziel einer neuen europäischen Ära der gemeinsamen Nutzung von Mobilitätsdaten, die auf den Grundsätzen des Vertrauens, der Interoperabilität und der Souveränität beruht. Mobilitätsdaten aus Personenverkehr und Logistik sollen so in Zukunft europaweit verfügbar gemacht, abgerufen und sicher ausgetauscht werden.

acatech wird ebenfalls das Umsetzungsprojekt leiten. In der dreijährigen Deployment-Phase wird der gemeinsame europäische Mobilitätsdatenraum – aufbauend auf den Erkenntnissen des Vorbereitungsprojekts – in über 20 Use Cases in Städten in 9 EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt. Ziel ist, auf Basis lokaler Anforderungen eine interoperable technische Infrastruktur zu erproben und gemeinsame Governance-Prozesse für das Management städtischer Mobilitätsdaten zu implementieren.

Datenräume und KI gestalten

© Shutterstock/Olena.07

Mobility Data Space: Blaupause für die Datenökonomie

© olli design gmbh 

Im ersten Jahr nach Gründung durch acatech ist der Datenraum Mobility Data Space (MDS) durchgestartet. Der vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderte Online-Marktplatz für mobilitätsrelevante Daten MDS wurde zu Beginn des Jahres 2022 in die Non-Profit-Organisation DRM Datenraum Mobilität GmbH überführt. Zusammen mit wichtigen Unternehmen der Mobilitätsbranche sowie drei Bundesländern ist acatech Gesellschafterin.  

Hohes Bewusstsein in Wirtschaft und Politik 

Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Information und Gewinnung von Datengeberinnen/-gebern und Datennehmerinnen/-nehmern für die Teilnahme am Mobility Data Space – von den ersten Schritten bis zur Umsetzung ihrer Ideen und Anwendungen.  

YouTube

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Um künftig den Aktivitäten vieler Handelspartner gerecht zu werden, wurde die technische Basis des MDS im Jahr 2022 erneuert. Entstanden ist eine neue Plattform nach EU-Datenschutzrichtlinien

MDS ist Leuchtturmprojekt der Bundesregierung 

Auf dem Digital-Gipfel der Bunderegierung am 8. und 9. Dezember 2022 stellten Vertreterinnen und Vertreter des Mobility Data Space einige Anwendungsbeispiele vor und tauschten sich zur Rolle der Datenräume für die Datenökonomie aus. In seiner europäischen Grundsatzrede in Prag hob Bundeskanzler Olaf Scholz die Bedeutung des Mobility Data Space hervor und forderte seine europäische Vernetzung. 

© photothek.net/Köhler & Imo

Ich möchte ein Europa, das Vorreiter ist bei wichtigen Schlüsseltechnologien. Nehmen wir die Mobilität der Zukunft. Daten werden dabei die entscheidende Rolle spielen – für das autonome Fahren, bei der Vernetzung unterschiedlicher Transportmittel oder bei der intelligenten Steuerung von Verkehrsströmen. Deshalb brauchen wir so schnell wie möglich einen einheitlichen, grenzüberschreitenden europäischen Raum für Mobilitätsdaten. Mit dem Mobility Data Space haben wir in Deutschland einen Anfang gemacht. Verknüpfen wir ihn mit ganz Europa! Er ist offen für alle, die etwas bewegen wollen. So können wir weltweit zum Vorreiter werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner europapolitischen Grundsatzrede, Karls-Universität, Prag, 29. August 2022

European Mobility Data Space

© AdobeStock/Artem Varnitsin

acatech ist führend an der Initiative European Mobility Data Space (EMDS) beteiligt. Die Akademie treibt diese Initiative gemeinsam mit europäischen Partnern und der Europäischen Kommission voran. Das Projekt zur Vorbereitung eines europäischen Datenraums für Mobilität (PrepDSpace4Mobility) startete am 1. Oktober 2022 mit dem Ziel, in der EU den Grundstein für einen einfachen, grenzüberschreitenden Zugang zu Personenverkehrs- und Logistikdaten zu legen. acatech wird ebenfalls das dreijährige Umsetzungsprojekt (deployEMDS) koordinieren, bei dem es um den Aufbau zentraler Komponenten des EMDS und die Erprobung von Datenrauminfrastrukturen und -governance in neun Städten und Regionen geht. Weitere Details zum Europäischen Datenraum Mobilität sind im Kapitel Mobilität zu finden. 

Datenraum Kultur

© Shutterstock/SeventyFour

Als eines von 18 Leuchtturmprojekten der Digitalstrategie der Bundesregierung ist im Januar 2023 der Datenraum Kultur an den Start gegangen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth fördert die erste Projektphase mit 2,6 Millionen Euro und hat acatech, die Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT mit dem Aufbau betraut.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth fördert die erste Projektphase des Datenraums Kultur mit 2,6 Millionen Euro. (© J. Konrad Schmidt)

Kultureinrichtungen sind als Orte der Bildung, der Begegnung und der Gemeinschaft essenziell für eine demokratische Gesellschaft – gerade in Krisenzeiten. Damit sie gemeinsam mit ihrem Publikum künftig noch stärker von der Digitalisierung profitieren, fördern wir die Entwicklung des Datenraums Kultur. Dort sollen virtuelle mit realen Angeboten verschmelzen, soll Vernetzung leichter möglich sein. Wichtig dabei ist, dass die Datenhoheit wie auch die Erlöse bei den Kunst- und Kulturschaffenden bleiben und deren geistiges Eigentum respektiert wird.

Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien

Der Datenraum soll die digitale Vernetzung von Kultureinrichtungen und den souveränen Austausch kulturbezogener Daten ermöglichen. Damit entsteht eine eigenständige Grundlage für digitale Produkte und Angebote für die Kultur. 

In der ersten Projektphase werden die Grundlagen für die Entwicklung des Datenraums Kultur gelegt, indem die Bedarfe des Kultursektors an einem solchen Datenraum spezifiziert werden. Gemeinsam mit weiteren Partnern sollen dabei die Mehrwerte für Kultur, Medien und Kreativwirtschaft belegt werden. Die Plattform OWL live beispielsweise verknüpft Kulturveranstaltende aus der Region Ostwestfalen-Lippe miteinander und greift auf deren Datenquellen zu, um automatisiert Informationen zu Kulturangeboten zu sammeln. Diese sind dann auf der Plattform personalisiert abrufbar. Dadurch reduziert sich für Kulturschaffende der redaktionelle Aufwand, während für Kulturinteressierte Veranstaltungen sichtbarer und besser zugänglich werden.  

In einer zweiten Projektphase werden die Erfahrungen bewertet und fließen in die Weiterentwicklung des Vorhabens ein, bevor die digitale Infrastruktur Datenraum Kultur dann ab Anfang 2025 für alle Kulturschaffenden und Kreativen zur Verfügung stehen wird. 

In Deutschland und Europa brauchen wir Datenräume, in denen Personen, Unternehmen, Organisationen und öffentliche Einrichtungen Daten fair und nach gemeinsamen Rechts- und Wertevorstellungen teilen können. Schon während der Coronakrise haben wir deshalb Datenräume als Kernstück digitaler Souveränität herausgestellt. Einen Datenraum Mobilität haben wir bereits auf den Weg gebracht – er gilt als Blaupause für weitere Datenräume. Nun erreichen wir mit dem Datenraum Kultur den zweiten wichtigen Meilenstein.

acatech Geschäftsführer Manfred Rauhmeier 

Gaia-X: Initiative für eine offene, sichere und transparente Dateninfrastruktur 

Seit acatech im August 2020 durch das Bundeswirtschaftsministerium mit der Koordinierung des Gaia-X Hub Germany betraut wurde, arbeitet das Hub-Team am Aufbau des Gaia-X-Ökosystems aus vernetzten Datenräumen. Ziel ist es, Daten unterschiedlichster Herkunft und Formate durch feste Standards und offene Schnittstellen miteinander zu verknüpfen, sicher zu teilen und einfach zwischen verschiedenen Infrastrukturanbietern portieren zu können. Durch eine dezentrale Datenspeicherung innerhalb von Europa wird es möglich, die Daten gemäß geltenden europäischen Datenschutzrichtlinien auszutauschen und zu verarbeiten. 

Gaia-X Summit 2022 in Paris: Vorstellung eines deutschen Leuchtturmprojektes (© acatech/Manuel Krieg)

In den mittlerweile 13 Domänen – Agrar, Energie, Finanzwesen, Geoinformation, Gesundheitswesen, Planen/Bauen/Betreiben, Industrie 4.0/KMU, Mobilität, Öffentlicher Sektor, Smart City/Smart Region, Smart Living, Bildung und Kultur/Kreativwirtschaft – steht der Aufbau von Branchen-Communities im Mittelpunkt sowie das Vernetzen, Austauschen und die gemeinsame Arbeit an Lösungen.  

Hannover Messe 2022, Panel mit Marco-Alexander Breit (digital, BMWK) und (von links nach rechts) Prof. Dr. Roland Eils (Charité, Berlin), Prof. Dr. Frank Köster (DLR), Dr. Stephan Bredt (HMWEVW) und Peter Kraemer, acatech Gaia-X (© acatech/Martina Schubert)

Ein weiteres Tätigkeitsfeld eröffnete sich im Februar 2022 mit der Verleihung der Bescheide an die Vertreterinnen und Vertreter von elf Fördervorhaben durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Die Vorhaben waren im Rahmen des Gaia-X-Förderwettbewerbs „Innovative und praxisnahe Anwendungen und Datenräume im digitalen Ökosystem Gaia-X“ ausgewählt worden und entwickeln neue Umsetzungsszenarien von Gaia-X. acatech übernimmt die wissenschaftliche Begleitung, Vernetzung und den Ergebnistransfer dieser Vorhaben. Zusammen mit den ebenfalls geförderten sogenannten Leuchtturmprojekten Catena-X, Mobility Data Space (MDS) sowie EuProGigant zeigen sie auf, wie Datenräume und darauf basierende Geschäftsmodelle funktionieren können.

Cybersicherheit 

Am 8. Dezember 2022 – zum bundesweiten Warntag – erörterten acatech Mitglieder in der interdisziplinären Themenkonferenz „Sicherheit im virtuellen Raum“, wie digitale Sicherheit gestärkt werden kann. Ein Fazit: Das Bewusstsein für Safety und Security ist in vielen Bereichen noch ausbaufähig, bei Unternehmen ebenso wie im Gesundheitssektor oder bei Behörden. Gleichzeitig darf darf die Sorge vor Cyberattacken Innovationen und die digitale Transformation nicht ausbremsen. Ein acatech IMPULS zeigt deshalb Perspektiven für eine ambitioniertere Cyber-Sicherheits-Strategie für Deutschland auf. Zwei zentrale Punkte darin: Deutschland braucht eine ambitionierte Cybersicherheitsstrategie, die in eine umfassende Digitalisierungsstrategie eingebettet ist. Zudem muss Deutschland nach mehr Digitaler Souveränität streben.  

ENISA-Bedrohungslage 2021 – Primäre Bedrohungen (© European Union Agency for Cybersecurity (ENISA))

Plattform Lernende Systeme 

Der Sprach- und Textbot ChatGPT rückte Künstliche Intelligenz (KI) Ende 2022 in den Mittelpunkt öffentlicher Debatten. Welche ethischen, rechtlichen und sicherheitstechnischen Fragen sind mit ihrem Einsatz verbunden? Wie kann uns KI-Technologie am Arbeitsplatz, in der Medizin oder auf dem Weg in eine klimafreundliche Mobilität und Landwirtschaft unterstützen?

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„Nachgefragt zu KI“, Plattform-Mitglied Volker Tresp von der Ludwig-Maximilians-Universität-Universität München erklärt auf dem Digital-Gipfel, welches Potenzial große Sprachmodelle bieten und was nötig ist, um dieses auch in Deutschland auszuschöpfen.

Den öffentlichen Dialog und interdisziplinären Austausch zu Potenzialen und Risiken von KI fördert die bei acatech angesiedelte Plattform Lernende Systeme


Bettina Stark-Watzinger
(© Bundesregierung / Guido Bergmann)

Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie mit großem Innovationspotenzial. Deshalb wollen wir Deutschland zu einem führenden Standort für KI machen. Mit den enormen Chancen gehen jedoch auch Herausforderungen einher. Daher haben wir die Plattform Lernende Systeme als zentralen Ort für den Austausch zu allen Aspekten von KI geschaffen. Hier kommen Akteure aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen, um KI zum Wohle der Menschen voranzubringen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, diesen Austausch zu fördern.

Bettina Stark-Watzinger 
Bundesministerin für Bildung und Forschung und Co-Vorsitzende der Plattform Lernende Systeme

Künstliche Intelligenz ist ein mächtiges Werkzeug, um in einer datengetriebenen Wirtschaft und Gesellschaft Organisationsprozesse zu optimieren, Ressourcen sparsam einzusetzen und innovative Geschäftsmodelle zu gestalten. Dies macht KI auch zu einer Schlüsseltechnologie für nachhaltiges Wirtschaften: Sie bietet Unternehmen die Chance, ihre Unternehmens- mit Nachhaltigkeitszielen zu verknüpfen. Allerdings haben KI-Technologien meist selbst einen hohen Ressourcenverbrauch. Wie sich die Potenziale von KI im Sinne einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Entwicklung nutzen lassen, beleuchtete die Plattform Lernende Systeme in diesem Jahr ausführlich in ihrer Arbeit. Praxisbeispiele und Gestaltungsoptionen für einen nachhaltigen KI-Einsatz in Unternehmen zeigten zwei der diesjährigen Publikationen.  

Reinhard Ploss (acatech), Bundesministerin Bettina Stark-Watzinger (BMBF) und Hans Griepentrog (Universität Hohenheim) präsentierten auf dem Digital-Gipfel Nancy Faeser, Olaf Scholz, Volker Wissing und Anna Christmann (von links nach rechts) einen Agrarroboter, den die Plattform Lernende Systeme zusammen mit der Universität Hohenheim zur Verfügung stellte. (© Thilo Schoch)

Die Plattform Lernende Systeme gestaltete ein Panel auf dem Digital-Gipfel der Bundesregierung. Dort erörterten Expertinnen und Experten der Plattform den Beitrag von KI für nachhaltigere Produktions- und Geschäftsprozesse. Voraussetzungen sind eine zügige Digitalisierung der Betriebe, der Aufbau einer flächendeckenden Dateninfrastruktur und vor allem die Qualifikation der Beschäftigten, die KI-Systeme nutzen. Über die Stärkung von KI-Kompetenzen diskutierten beim Digital-Gipfel die beiden Co-Vorsitzenden der Plattform, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und der ehemalige acatech Präsident Reinhard Ploss. Zudem stellten sie Bundeskanzler Olaf Scholz sowie den beiden Bundesministern Robert Habeck und Volker Wissing bei ihrem Rundgang ein von der Plattform präsentiertes Exponat vor – einen KI-basierten Feldroboter zur pestizidfreien Unkrautbekämpfung.  

Expertinnen und Experten der Plattform Lernende Systeme und der Leibniz Universität Hannover verhandelten im Berliner Futurium den Unfall eines autonomen Fahrzeugs in einem fiktiven Gerichtsverfahren, das dem Publikum ethische und technische Fragen rund um die fahrerlose Mobilität anschaulich vor Augen führte. 
(© berlin-event-foto.de/Futurium)   

Ob Roboter auf dem Acker, autonome Fahrzeuge oder Assistenzsoftware in Betrieben – KI-Technologie macht vieles möglich, stellt uns jedoch auch vor Herausforderungen. Wie lassen sich KI-Systeme vor krimineller Nutzung schützen? Wer haftet für Schäden, wenn Unfälle passieren? Wie verhindern wir, dass die Systeme Menschen diskriminieren? Auch diese Fragen behandelte die Plattform in ihren Whitepapern und Webformaten sowie eigenen Web-Talks und Dialogveranstaltungen.

Wie lassen sich KI-Systeme vor krimineller Nutzung schützen? Die interaktiven Grafiken der Plattform Lernende Systeme skizzieren mögliche Szenarien für einen missbräuchlichen Einsatz von KI-Systemen und zeigen auf, durch welche Schutzmaßnahmen sich dieser verhindern lässt.

Künstliche Intelligenz gilt als wesentlich für die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland. Wie es hierzulande um die KI-Forschung steht, inwieweit der Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft gelingt und wo Kompetenzen zu KI vermittelt werden, präsentierte die Plattform Lernende Systeme in einem neuen KI-Monitoring. Mit diesem laufend fortgeschriebenen Monitoring zeigt sie den Status quo sowie Entwicklungspotenziale bei Forschung und Transfer von KI in Deutschland auf. Neben eigenen Recherchen wurden aussagekräftige Zahlen herangezogen, die von renommierten Forschungsinstituten, fachlichen oder staatlichen Einrichtungen erhoben werden.

KI-Monitoring der Plattform Lernende Systeme zu Status quo sowie Entwicklungspotenziale bei Forschung und Transfer von KI in Deutschland

Meldungen 

Vernetzte Wertschöpfung

© iStock/shaunl

Forschungsbeirat Industrie 4.0 (ReCoRD) 

Der von acatech koordinierte Forschungsbeirat Industrie 4.0 (ReCoRD) berät strategisch und unabhängig insbesondere das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Plattform Industrie 4.0. Als Sensor für Entwicklungsströmungen beobachten und bewerten die aktuell 32 Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft, wie sich das Leistungsprofil Deutschlands in der Industrie 4.0 entwickelt. Zudem versteht sich der Forschungsbeirat als Impulsgeber für neue Forschungsthemen. Im Jahr 2022 veröffentlichte der Forschungsbeirat insgesamt Ergebnisse zu sechs Themen.

Inhaltlich konzentriert sich der Forschungsbeirat auf die von ihm identifizierten Themenfelder Industrie 4.0, die im Juli 2022 in einer aktualisierten Fassung erschienen sind: 

  • Industrielle Wertschöpfung im Wandel 
  • Perspektiven technologischer Entwicklungen 
  • Engineering von Industrie 4.0-Lösungen 
  • Arbeit, Unternehmen und Gesellschaft  

Im Einklang mit dem „Leitbild 2030 der Plattform Industrie 4.0 verknüpft der Forschungsbeirat seine Beiträge mit Zielen wie Nachhaltigkeit oder technologische Souveränität. 

Leitbild 2030 der Plattform Industrie 4.0 (© Plattform Industrie 4.0)

Zur Hannover Messe 2022 veröffentlichte der Forschungsbeirat die Expertise Open Source als Innovationstreiber für Industrie 4.0. Sie lotet Chancen und Potenziale von Open Source Software (OSS) für Produktionsunternehmen aus. Eine Leitlinie für unternehmerisches Open-Source-Handeln richtet sich an Führungskräfte in der Industrie. Anliegen sind die Weiterentwicklung des Ökosystems und aktiver Communities.

Wie sich industrielle Daten monetarisieren lassen und wie der Status quo bei produzierenden Unternehmen ist, erörtert die Expertise Aufbau, Nutzung und Monetarisierung einer industriellen Datenbasis. Handlungsoptionen für Unternehmen, Verbände, Politik und Wissenschaft zeigen auf, wie Industrieunternehmen ihre Datenbasis besser nutzen und ausschöpfen, also monetarisieren können.  

Ende des Jahres konnte der Forschungsbeirat sechs neue Mitglieder in seiner Runde begrüßen. Sie bringen einen enormen Erfahrungsschatz und Kompetenzen aus Forschung und Wirtschaft mit.

Sechs neue Mitglieder verstärken ab Januar 2023 den Forschungsbeirat Industrie 4.0. Im Uhrzeigersinn: Julia C. Arlinghaus (Fraunhofer IFF), Nicole Dreyer-Langlet (Airbus Operations GmbH), Katharina Hölzle (Universität Stuttgart und Fraunhofer IAO), Björn Sautter (Festo SE & Co. KG), Dieter Meuser (German Edge Cloud GmbH & Co. KG) und Daniel Hug (Bosch GmbH).

Wann kommt die 5G-Lawine in der Produktion?

Vor rund zehn Jahren hat acatech ein Leitbild für die Industrie 4.0 entworfen. Seitdem haben cyberphysische Systeme und vernetzte Fabriken den Industriestandort verändert. Der Mobilfunkstandard der fünften Generation (5G) kann die Industrie 4.0 nun auf ein neues Level heben – so das Fazit einer Projektgruppe um acatech Mitglied Jürgen Fleischer vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im acatech IMPULS 5G in der Industrie.  

Den Wert der Technologie macht die Autorengruppe anhand von Anwendungsszenarien deutlich. Ein Beispiel: Die Analyse der Echtzeitarbeitssituation eines Industrieroboters aus der Ferne funktioniert am besten mithilfe einer Virtual-Reality-Anwendung. Diese ist in ausreichender Qualität nur mit 5G technisch realisierbar. Darüber hinaus vereinfacht 5G die Vernetzung von Geräten und Maschinen und damit die Erfassung von Daten und ihre Auswertung mithilfe von Künstlicher Intelligenz.

Anwendungsszenario II: KI-Anwendungen können unternehmensübergreifend zur Verfügung gestellt werden, da lokale Rechenleistung durch eine Factory Edge für Training und die Ausführung von KI-Modellen bereitgestellt wird. Die Daten werden durch 5G nahezu in Echtzeit übermittelt. Dies ermöglicht die intelligente Kooperation von Roboterkinematiken sowie deren flexible Rekonfiguration, was besonders bei kleiner werdenden Losgrößen und Kostendruck von besonderer Bedeutung ist. ((© Plattform Industrie 4.0 unter Verwendung von Icons von Noun)

Ein Selbstläufer ist 5G in den Augen der Arbeitsgruppe indes nicht: Noch bremsen hohe Investitionskosten und geringes Wissen über den individuellen Nutzen die Einführung von 5G in der Industrie 4.0. Gerade kleine und mittlere Industrieunternehmen zögern, sie einzusetzen. Solche Hemmnisse innerhalb der Betriebe gilt es abzubauen. Die Autoren fordern weitere Initiativen von Forschung und Politik, um die für den Innovationsstandort Deutschland so nötige 5G-Lawine auszulösen.  

5G zeichnet sich durch bisher nicht bekannte Reaktionszeiten, übertragbare Datenmengen und hochgenaue Lokalisierung aus. Diese Vorteile sind heute unzureichend transparent, sodass Industrieunternehmen nicht in der Lage sind, entsprechende Use Cases zu entwickeln und diese auch finanziell zu bewerten. Deshalb muss das Ziel sein, 5G-Anbieter und industrielle Anwendungsdomänen gezielt zusammenzubringen, um dieses enorme Potenzial heben zu können.

acatech Mitglied Jürgen Fleischer, Leiter des Instituts für Produktionstechnik (wbk) am KIT, Mitherausgeber acatech IMPULS 5G in der Industrie

acatech Maturity Hub Smart Services

Produzierende Unternehmen sitzen auf einem Schatz: Vernetzte Produkte liefern über das Internet der Dinge eine Vielzahl an Daten. So werden beispielsweise Landmaschinen mit digitalen Plattformen verkauft, die über Einwirkungsanalysen, Maschinen- und Ernteprozessoptimierung in Echtzeit Landwirten eine Optimierung ihrer Ackerbestellung ermöglichen. Zugleich können Landmaschinenhersteller über solche smarten Zusatzdienste ihre Einnahmekanäle diversifizieren. Physische Produkte entwickeln sich auf diese Weise zu Smart Services weiter.

© shutterstock/evgenii mitroshin

Industrieunternehmen tun sich noch schwer, diesen Datenschatz zu heben: Aktuell werden erst 0,7 Prozent der Umsätze von europäischen Maschinenbauunternehmen mit digitalen Plattformen und Mehrwertdiensten erwirtschaftet. Das im Sommer 2022 gestartete Projekt Smart Service Maturity Index möchte dies ändern.  

Ziel des SMART-Projekts ist es, produktionsorientierte Unternehmen dabei zu unterstützen, den Wandel zum Smart-Service-Anbieter zu vollziehen. Dafür hat das Projektteam um acatech Mitglied Roman Dumitrescu ein Reifegradmodell entwickelt, den acatech Maturity Index Smart Services. Dieser strukturiert die Smart-Service-Transformation von Unternehmen entlang von sechs Gestaltungsfeldern.  

Das Reifegradmodell hilft, Stärken und Schwächen eines Unternehmens in der Smart-Service-Transformation zu identifizieren und erlaubt die Entwicklung einer Maßnahmen-Roadmap für die strukturierte Erreichung des gewählten Ziel-Reifegrads. Das Entwicklungsteam hat das Reifegradmodell zudem in ein webbasiertes Quick-Assessment-Tool umgesetzt. Seit April 2023 steht dieses Tool zur schnellen Selbsteinschätzung zur Verfügung.  

Es wird über den acatech Maturity Hub Smart Services ausgesteuert, einer Webseite, die tiefergehende Informationen zum Reifegradindex, seiner Entwicklung und dem Entwicklungsteam bietet. 

Advanced Systems Engineering – ein Update für die Ingenieursberufe

Advanced Systems Engineering Strategie – Leitinitiative zur Zukunft des Engineering- und Innovationsstandorts Deutschland

Unternehmen müssen immer komplexere technische und soziotechnische Systeme professionell entwickeln und zum Markterfolg bringen. Engineering Excellence ist die dafür notwendige Schlüsselkompetenz. Denn die Systeme von morgen werden immer vielfältiger an Funktionen und Einsatzgebieten: Produktionsanlagen bestellen eigenständig Ersatzteile, wenn diese knapp werden. Medizinische Geräte suchen selbstständig nach Krankheiten. Züge bedienen führerlos Haltestellen.  

Wollen sich Unternehmen und Hochschulen zukunftsfähig aufstellen, müssen sie in Lehre, Forschung und industrieller Anwendung das ganzheitliche Zusammenwirken von Mensch, Organisation und Technik in den Blick nehmen. Denn für die erfolgreiche Planung, Entwicklung und den Betrieb der künftigen Systeme braucht es neue Methoden und Technologien sowie ein Höchstmaß an Kreativität und Agilität. All dies führt zu einer strategischen Neuausrichtung des Engineerings: dem Advanced Systems Engineering (ASE).  

Vorstellung der Publikation Advanced Systems Engineering Strategie: Steffen Steglich (acatech Geschäftsstelle), Nico Michels (Head of Digital Enterprise bei Siemens Industry Software), Jürgen Gausemeier (acatech), Roman Dumitrescu (Fraunhofer-Institut IEM), Mario Brandenburg (Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung), Jan Wörner (acatech Präsident), Thomas Schneider (Geschäftsführer Entwicklung Trumpf Werkzeugmaschinen), Anna Frey (acatech Geschäftsstelle), von links nach rechts
(© Copyright BMBF/Hans-Joachim Rickel)

Deutschland muss wettbewerbsfähig bleiben. Die Bewältigung der großen transformatorischen Herausforderungen wie Digitalisierung, nachhaltige Entwicklung, Mobilität und Energieversorgung erfordert Spitzenengineering. Systeme „Made in Germany“ müssen insbesondere mit Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit punkten und auf technologischer Souveränität beruhen. Die Anforderungen an die Zukunft des Engineerings sind also enorm. Wir haben ein Zielbild vorgelegt, in dem wir zeigen, wie die Situation für das Engineering aussehen sollte. Optimale Rahmenbedingungen führen in diesem Bild zur Spitzenstellung Deutschlands im Engineering von technischen und soziotechnischen Systemen. Das ist erreichbar, wenn auch mit großen Anstrengungen. 

acatech Präsident Jan Wörner

Die Advanced Systems Engineering Strategie – Eine Leitinitiative zur Zukunft des Engineering- und Innovationsstandorts Deutschland als Video:

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Im Jahr 2023 wird die Arbeitsgruppe bei der Verankerung der ASE-Strategie im Innovationssystem arbeiten. 

Digitainability

Digitainability – Digitale Schlüsseltechnologien für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften: Marktpotenziale und strategische Implikationen

Digitale Technologien sind ein Schlüssel zu ökologischer Nachhaltigkeit in der Wirtschaft, gerade in den Leitsektoren der deutschen Wirtschaft wie dem Maschinenbau oder der Chemie. Doch welche digitalen Schlüsseltechnologien kommen in diesen Sektoren aktuell bereits zum Einsatz – und wie ökologisch nachhaltig ist dieser Einsatz wirklich? Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit die ökologischen Potenziale digitaler Technologien ausgeschöpft werden können? Diese und weitere Fragen stehen im Zentrum der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Digitainability-Studie. Im Sommer 2022 hat das Projektteam um acatech Vizepräsident Christoph M. Schmidt die Arbeit an der Studie aufgenommen, die Ergebnisse sind im April 2023 erschienen. 

Arbeit und Bildung

© iStock/Amorn Suriyan 

HR-Kreis

Im Mai 2022 stellte der von acatech koordinierte HR-Kreis, dem Personalvorstände führender Dienstleistungs- und Technologieunternehmen sowie Arbeitswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler angehören, den Policy Brief Die digitale Transformation gestalten vor. Darin sprechen sich HR-Kreis-Co-Gastgeber und acatech Präsidiumsmitglied Frank Riemensperger und seine Mitautorinnen und -autoren dafür aus, den Ordnungsrahmen für die Arbeitswelt anzupassen. Schließlich gelte es, den durch die Coronapandemie hervorgerufenen Veränderungen – Stichwort: Remote Work – auch regulatorisch Rechnung zu tragen. Entsprechend, so eine Forderung, müsse beispielsweise das Homeoffice arbeitsschutzrechtlich dem mobilen Arbeiten gleichgestellt werden.

Um eine breite Diskussion zu diesen und anderen Themen zu führen, ging der HR-Kreis kurze Zeit nach Erscheinen des Policy Brief mit einem neuen Format an den Start: Bei der #FutureWorkDebatte werden in regelmäßigen Abständen drängende Fragen zur digitalen Transformation der Arbeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert.

Das waren die fünf Ausgaben der virtuellen Reihe, für die das Personalmagazin als Medienpartner gewonnen werden konnte, im Jahr 2022:

  • 24. Mai 2022: Fit for Future Work – digitale Transformation gemeinsam gestalten (Auftakt)
  • 21. Juli 2022: Von Arbeit in Arbeit – Mitarbeitenden zukunftsfähige Beschäftigungsperspektiven bieten
  • 28. September 2022: New Work für Alle?
  • 26. Oktober 2022: Erfolgsfaktoren für die strategische Personalplanung in Zeiten der Transformation
  • 30. November 2022: New Normal! Wie gestalten wir Arbeitswelten von morgen für alle?

MINT Nachwuchsbarometer

Das MINT Nachwuchsbarometer von acatech und Joachim Herz Stiftung ist ein Gradmesser für die Nachwuchssituation in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Die Ausgabe 2022 nahm die Auswirkungen der Coronapandemie auf die MINT-Bildung in den Blick – und bestätigte befürchtete negative Folgen: So haben Schülerinnen und Schüler in Deutschland und in anderen europäischen Ländern im Fach Mathematik während der Pandemie Lernrückstände in Höhe von 10 bis 13 Lernwochen bis zum Ende der Grundschulzeit aufgebaut. An Hamburger Schulen hat der Anteil der leistungsstarken Grundschülerinnen und -schüler um knapp 10 Prozent abgenommen – gleichzeitig stieg der Anteil der Leistungsschwachen um gut 10 Prozent an.

Bei der Vorstellung des Reports anlässlich eines Spitzengesprächs mit Entscheiderinnen und Entscheidern aus Politik und Wirtschaft forderte Studienleiter und acatech Mitglied Olaf Köller gemeinsame Anstrengungen:

Wir müssen einerseits bei der Digitalisierung an Schulen weiter vorankommen – sowohl die Ausstattung betreffend als auch die Kompetenzen der Lehrkräfte, der Schulleitungen sowie der Schülerinnen und Schüler. Andererseits müssen wir dafür sorgen, dass sich die MINT-Bildung schnell vom Virus erholen kann. Long-Covid in der MINT-Bildung muss unbedingt verhindert werden.

Olaf Köller, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN)  

Technik in Politik und Gesellschaft

© AdobeStock/deberarr

Zukunftsrat des Bundeskanzlers

Der von Bundeskanzler Olaf Scholz neu berufene Zukunftsrat nimmt neue Entwicklungen, Erkenntnisse und Trends im Innovationskreislauf in den Blick. Er erarbeitet Vorschläge zur Stärkung der Resilienz und technologischen Souveränität bei Schlüsseltechnologien und in der Digitalisierung. Sein Ziel ist es, die Potenziale aus Forschung und Unternehmen für den Standort und zur Bewältigung der Transformationsaufgaben bestmöglich zu heben. Dabei werden auch Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz und ethische Aspekte diskutiert. 

Organisiert wird der Zukunftsrat von einer bei der acatech angesiedelten Geschäftsstelle. Sie erstellt zu jedem Beratungsthema ein vorbereitendes Dossier, das eine gemeinsame Wissens- und Diskussionsgrundlage für die Beratung der Bundesregierung schafft. 

Am 13. Juli 2022 lud Olaf Scholz zur Auftaktsitzung des Zukunftsrats der Bundesregierung zum Thema Innovationen als Motor für die Transformation“ ein. Die Ratsmitglieder erörterten, welchen Beitrag Innovationen leisten können, um Wertschöpfung und Wohlstand in Deutschland auf Dauer abzusichern, gleichzeitig die vereinbarten Klimaziele zu erreichen und geopolitische Herausforderungen zu meistern. Themen waren auch die Finanzierung von Innovationen sowie die unzureichend genutzten Potenziale der Digitalisierung in Wirtschaft und Verwaltung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer betonten die Chancen einer Circular Economy, um allgemein unabhängiger von Rohstoffimporten zu werden. Ebenfalls sprachen sie sich für eine weitere Stärkung des Biotechnologie-Ökosystems in Deutschland aus. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (1. Reihe, 6. von links) empfängt Mitglieder des Zukunftsrats im Bundeskanzleramt 
(© Bundesregierung/Plambeck)

Am 8. Dezember 2022 empfing Bundeskanzler Olaf Scholz zur zweiten Sitzung des Zukunftsrats. Der Schwerpunkt lag auf den Innovationspotenzialen der Robotik, der Skalierung der Produktion von Elektrolyseuren sowie einer innovationsfreundlicheren Regulatorik. Die Mitglieder des Zukunftsrats waren sich einig, dass KI-basierte Robotik gerade für den Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland viele Möglichkeiten bietet: Es gebe einen breiten Anwendungsbedarf in zahlreichen industriellen Branchen mit deutschen Stärken, aber auch im menschlichen Alltag, etwa in Haushalt und Pflege. Die Beherrschung dieser Schlüsseltechnologie sei damit auch eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit für den gesamten Innovationsstandort. 

Ein zweiter Schwerpunkt der Diskussion lag auf der Herstellung und dem Betrieb von Elektrolyseuren, also Anlagen zur Gewinnung von Wasserstoff mithilfe von Strom:  Ausreichende Kapazitäten sind zentral für die Wasserstoffwirtschaft von morgen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßten Initiativen der Bundesregierung, die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland zu stärken. Dabei sollten verbliebene Hindernisse rasch angegangen werden: Dazu gehören regulatorische Hürden für den Bau und Betrieb von Elektrolyseuren und die Frage, wie eine zügige Skalierung der Kapazitäten erreicht werden kann, um wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle in Deutschland zu ermöglichen. 

European Sounding Board on Innovation 

Auch die EU-Kommission lässt sich seit November 2022 von acatech in Innovationsfragen beraten und unterstützen: Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, startete gemeinsam mit den acatech Präsidenten Jan Wörner und Reinhard Ploss und Mitgliedern des acatech Präsidiums das European Sounding Board on Innovation. 

acatech Präsidiumsmitglieder begrüßen EU-Kommissarin Mariya Gabriel zum Launch des European Sounding Boards on Innovation in München. 
(© acatech/David Ausserhofer) 

Mit dem European Sounding Board on Innovation etabliert acatech ein direktes Beratungsinstrument für alle europäischen Kommissarinnen und Kommissare, die im Rahmen der „European Innovation Agenda“ Innovationsfragen bearbeiten. Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Wirtschaft und Wissenschaft werden sich ab 2023 in Round Tables eng mit EU-Kommissarinnen und Kommissaren über Herausforderungen unserer Zeit beraten. 

Das European Sounding Board on Innovation schafft einen transparenten und unparteiischen Diskussionsrahmen, evidenzbasiert, offen und vertrauensvoll. Arbeitsgruppen werden sich mit strategischen, strukturellen und sozialen Aspekten rund um Innovation befassen und konkrete Empfehlungen und Optionen für Innovationsaktivitäten rund um die Wettbewerbsfähigkeit Europas geben. Das Ziel: ein innovationsstarkes Europa. 

Geleitet wird das European Sounding Board on Innovation gemeinsam von Mariya Gabriel und Jan Wörner. Die Vorbereitung seiner Sitzungen verantwortet das acatech Brüssel Büro.  

Parlamentarische Veranstaltungen

acatech am Mittag: Bundestagsabgeordnete diskutieren digitale Gesundheit 

acatech Präsidiumsmitglied Ortwin Renn präsentiert Ergebnisse des TechnikRadars 2022. (© acatech)

Was denken die Deutschen über die elektronische Patientenakte ePa? Was sollte die Politik beachten? Darüber diskutierte acatech mit Bundestagsabgeordneten und ihren Mitarbeitenden in einer parlamentarischen Gesprächsrunde zum TechnikRadar 2022. Ortwin Renn, Mitglied im acatech Präsidium und wissenschaftlicher Direktor am IASS Potsdam präsentierte aktuelle Ergebnisse der repräsentativen Befragung zur Zukunft der Gesundheit. Sebastian Zilch, Unterabteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium, stellte den laufenden Strategieprozess zur Digitalisierung des Gesundheitssystems vor und erläuterte Herausforderungen am Beispiel der ePA.

Energiesysteme der Zukunft: Bundestagsabgeordnete debattieren Strommarktdesign 

Anfang Dezember lud das Akademienprojekt Energiesysteme der Zukunft ESYS gemeinsam mit EPICO KlimaInnovation (Energy and Climate Policy and Innovation Council) zum parlamentarischen Frühstück in den Deutschen Bundestag. Das morgendliche Gespräch kreiste um die Frage, wie der Strommarkt der Zukunft sicher, bezahlbar und nachhaltig gestaltet werden kann. Mit ihren Impulsen leiteten Andreas Löschel (Ruhr-Universität Bochum) und Justus Haucap (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Leitung der AG Strommarkt der Zukunft) die Diskussion ein. Sie beleuchteten Funktionsweisen des Strommarkts und aktuell diskutierte Markteingriffe auf europäischer Ebene. Grundsätzlich verfügen Deutschland und die EU über einen funktionierenden Strommarkt, betonten die ESYS-Fachleute. Hohe Strompreise resultieren demnach nicht aus einer Fehlfunktion des Strommarkts. Die Ursache liege in der Erdgasknappheit infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Daher sei es nicht ratsam, in grundlegende Prinzipien des Strommarkts einzugreifen. Handlungsbedarf gebe es aber beim Strommarktdesign: Im Zuge der Energiewende müsse der Strommarkt Anreize zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Deckung der Versorgungssicherheit in einem klimaneutralen Stromsystem setzen.

acatech Präsident Jan Wörner mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Koordinierungsstelle Energiesysteme der Zukunft im Paul-Löbe-Haus. 
(© acatech)

Innovationspreis des Landes Nordrhein-Westfalen  

Der „NRW-Innovationspreis“ zeichnet Persönlichkeiten aus, die herausragende Beiträge für nachhaltige Veränderungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Der vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen ausgelobte Preis ist mit insgesamt 180.000 Euro dotiert. Damit ist er die höchstdotierte Auszeichnung dieser Art in Deutschland nach dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten. acatech koordinierte bis Ende 2022 das Begutachtungs- und Juryverfahren.  

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (bis Juni 2022) verliehen im Mai die Auszeichnungen des Jahres 2022.

Juryvorsitzender und acatech Präsident Jan Wörner, CEO der Pixel Photonics GmbH Nicolai Walter (in Vertretung für Wladick Hartmann, CTO der Pixel Photonics GmbH/Kategorie Nachwuchs), Christoph M. Schmidt/Kategorie Ehrenpreis, Gabriela Figueroa Miranda/Kategorie innovation2business, Ministerpräsident Hendrik Wüst, Viviana Rincón Montes/Kategorie innovation2business, Antonello Monti/Kategorie Innovation, Wirtschafts- und Innovationsminister Andreas Pinkwart
(© MWIDE NRW/S)

In der Kategorie „Innovation“ ging der Preis an Antonello Monti (E.ON Energy Research Center der RWTH Aachen). Der Elektrotechniker ist ein weltweit angesehener Experte für die Anwendung moderner Informatikmethoden auf elektrische Verteilungsnetze. Antonello Monti und sein Team entwickelten die Software-Plattform SOGNO, die die Steuerung, Verteilung und Auslastung der Stromversorgung verbessert.  

Die Auszeichnung in der Kategorie „Nachwuchs“ erhielt der Physiker Wladick Hartmann. Gemeinsam mit seinem Team im Start-up Pixelphotonics erhielt er die Auszeichnung für herausragende Leistungen im Bereich der Quantentechnologie. Das Team um Wladick Hartmann entwickelt hochschnelle und nachweisbar sichere Quantenkommunikationssysteme auf der Basis supraleitender Nanodrähte. Solche Systeme schaffen Grundlagen für ein Quanteninternet. 

Erstmals wurde 2022 auch eine Forscherin in der neuen Kategorie „innovation2business“ ausgezeichnet. Der Preis ging an die Bioelektronikerin Gabriela Figueroa Miranda. Sie entwickelte gemeinsam mit ihrer Kollegin Viviana Rincón Montes einen quantitativen Malaria-Schnelltest. Der Test weist Malaria in einem frühen Stadium nach und unterscheidet zwischen verschiedenen Malariaparasitenarten. 

In der Kategorie „Ehrenpreis“ erhielt Christoph M. Schmidt die Auszeichnung für seine Verdienste in der angewandten Energie-, Gesundheits- und Arbeitsmarktökonomik. Schmidt ist Präsident des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen und Professor für Wirtschaftspolitik und Angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum und auch acatech Vizepräsident. 

Dialogveranstaltungen

Der wechselseitige Dialog zu aktuellen und kontroversen Technikthemen ist zentral für die Gesellschaftsberatung von acatech.  

Mit dem Format „acatech am Dienstag hat die Akademie dafür eine regelmäßig stattfindende Veranstaltungsreihe etabliert. Hier kommen Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Medien, Organisationen mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch. Ob Ernährung, Biotechnologie, Raumfahrt oder die Zusammenarbeit mit Robotern: Fachleute geben Impulse und stellen sich der Diskussion. Zentrale Innovationsfragen unserer Zeit, aber auch  neue Themen, die noch nicht in von acatech bearbeitet werden, stehen auf dem Programm. Ebenso bietet „acatech am Dienstag“ Raum für neue, experimentelle und auch humorvolle Formate wie den Science Slam „Kann Wissenschaft witzig?“. 

Ein Großteil der Dialoge bei „acatech am Dienstag“ fand auch 2022 online statt. . Hinzu kamen jedoch wieder Veranstaltungen in Präsenz, etwa im Salon Luitpold in München zur Frage: „Wie können wir Künstliche Intelligenz verantwortlich gestalten?“. Insgesamt nahmen im Jahr 2022 mehr als 4.200 Personen an 27 Veranstaltungen der Reihe „acatech am Dienstag“ teil. Dabei arbeitet acatech mit vielfältigen Partnern zusammen, beispielsweise mit den Volkshochschulen in der Kooperation von „acatech am Dienstag“ und „vhs.wissen live“. Weitere Dialogveranstaltungen fanden in Partnerschaft mit dem Deutschen Museum, den Münchner Wissenschaftstagen, dem Futurium in Berlin sowie der Katholischen Akademie in Bayern statt. 

acatech Präsident Reinhard Ploss, Corina Apachiţe (Continental Automotive Technologies), acatech Mitglied Peter Dabrock (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) und Moderator und acatech Mitglied Wolfgang M. Heckl (TU München/Generaldirektor des Deutschen Museums) bei acatech am Dienstag im Café Luitpold. Foto: acatech

acatech hat 2022 auch den Dialog Innovation und Verantwortung mit der Evangelischen Akademie Tutzing und dem Institut für Technik-Theologie-Naturwissenschaften der LMU München fortgesetzt. Thema war die Zukunft der digitalisierten Medizin.  

acatech etabliert innovative Formate der Wissenschaftskommunikation und gibt Erfahrungen und Wissen an Nachwuchskräfte aus Wissenschaft, Technik und Kommunikation weiter. Diesem Erfahrungsaustausch dient beispielsweise die „Lernwerkstatt Technikkommunikation“, die acatech zusammen mit Wissenschaft im Dialog organisiert.  

Am 22./23. April 2022 luden acatech und die Akademie für politische Bildung (Tutzing) zu einer gemeinsamen Tagung zum Thema „Digitaler Souverän Europa“. Ursula Münch (Direktorin der Akademie für Politische Bildung) und die acatech Präsidenten diskutierten mit einer interdisziplinären Expertengruppe Ursula Münch, über Abhängigkeiten in der vernetzten Welt und den Weg hin zu größerer digitaler Souveränität. 

Technologischer Wandel 

An der tendenziell skeptischen Haltung der Deutschen gegenüber der Digitalisierung im Gesundheitswesen setzt auch eine von zwei Arbeitsgruppen des Projekts Technologischen Wandel gestalten an: In Fokusgruppen, einem sozialwissenschaftlichen Format der Gruppendiskussion, wurden im Jahr 2022 Laien sowie Expertinnen und Experten zu Einstellungen, Bedarfen, Hürden, Risiken und Chancen zur elektronischen Patientenakte (ePA) befragt. Eine Website, die ab Frühjahr 2023 abrufbar sein wird, soll als digitale Orientierungshilfe die Meinungsbildung unterstützen, indem sie spielerisch über Risiken und Chancen der ePA aufklärt und informiert. Die Ergebnisse aus den Diskussionsrunden der Fokusgruppen sowie der Evaluation und Wirkungsmessung der Website werden später an relevante Stakeholder im Gesundheits- und Kommunikationsbereich zurückgespiegelt.

Die zweite Arbeitsgruppe des Projekts setzt sich mit der Resilienz und Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur in Deutschland auseinander. Sie ist die Grundlage für jegliche digitalen Anwendungen, die unseren Alltag begleiten. Jedoch ist für viele Kommunen und ihre Bürgerinnen und Bürger noch offen, welchen Grad an Digitalisierung sie anstreben sollten. Deshalb organisierte das „Wandel-Projekt“ über das Jahr hinweg Diskussionsrunden mit Fokusgruppen, die Sorgen und Wünsche thematisierten: 

  • Im brandenburgischen Wittenberge teilen Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter von kommunalen Unternehmen ihre Meinungen und Präferenzen zur Digitalisierung der Verwaltung mit der Kommune. Die Stadtverwaltung möchte die Resultate dieser Dialoge für den Ausbau ihrer digitalen Angebote im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) nutzen. Die Fokusgruppen bilden dabei den Auftakt für einen längerfristigen Austausch mit der Bevölkerung. 
  • In Wuppertal steht dagegen der Bevölkerungsschutz im Mittelpunkt. Bürgerinnen und Bürger diskutieren in mehreren Gruppen, wie digitale Technik im Katastrophenfall einzusetzen ist und auch wie Menschen mit unterschiedlichen Selbstschutzfähigkeiten den Umgang damit handhaben wollen. Die Stadtverwaltung nutzt die Erkenntnisse für ihre aktuell entstehende Smart-City-Strategie.

TechnikRadar 

Seit 2018 erhebt das TechnikRadar von acatech, der Körber-Stiftung und ZIRIUS, was die Deutschen über Technik denken. Das TechnikRadar 2022 vertiefte die vorangegangene Ausgabe von 2021 durch eine repräsentative Bevölkerungsbefragung zum Schwerpunkt „Zukunft der Gesundheit“. Die Patientinnen und Patienten erwarten durch die Digitalisierung des Gesundheitsweisens eine Zunahme der Behandlungstransparenz, einen besseren Informationsfluss und eine insgesamt besser abgestimmte Versorgung. Diese Erwartungen sollten durch die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) umgesetzt werden.

Zwar haben die Deutschen Interesse an der ePA: 46,8 Prozent der Befragten haben vor, sie zu verwenden. Jedoch wollen ebenso 20,2 Prozent der Befragten die ePA nicht nutzen – insbesondere aufgrund von Bedenken beim Datenschutz (50 Prozent) und Unklarheiten darüber, wer welche Daten einsehen kann (53 Prozent). Ernüchternd aus Sicht der Befürworterinnen und Befürworter der ePA ist auch: Ein Viertel der Befragten kennt das Angebot gar nicht, weitere fünf Prozent geben an, sie aktuell zu nutzen. Die tatsächliche Nutzung liegt indes bei unter einem Prozent. 

Das TechnikRadar bildete auch den Ausgangspunkt für eine Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing im Oktober 2022. Die anschließende Diskussion drehte sich um die „Zukunft der digitalisierten Medizin“. acatech Mitglied Olaf Dössel vom Karlsruher Institut für Technologie stellte einen entscheidenden Vorteil der ePA heraus: Das Datenmanagement gelange durch ihre Einführung in Patientenhand. Die Empfängerinnen und Empfänger könnten nun individuell die Freigabe ihrer Gesundheitsdaten regeln. Jedoch sind die Menschen in Deutschland im Umgang mit Gesundheitsdaten unterschiedlich versiert. Während einerseits Bürgerinnen und Bürger mit hoher digitaler Gesundheitskompetenz leicht zugänglich sind für die Chancen der ePA, verschließen sich andere Gruppen.  

Viele Personen mit eher traditionellen Werten und geringerem Bildungsniveau verlieren den Anschluss an diese Möglichkeiten.

TechnikRadar-Projektleiterin Cordula Kropp 

Deshalb sei es so wichtig, erklärte acatech Präsidiumsmitglied und zudem TechnikRadar-Projektleiter Ortwin Renn, die unterschiedlichen Bedürfnisse in der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens zu berücksichtigen. Gemeint sind auch auf die Wünsche der Ärztinnen und Ärzte: Von den rund zweihundert für das TechnikRadar 2022 befragten Medizinerinnen und Medizinern ging knapp ein Drittel davon aus, dass die Digitalisierung das Arzt-Patienten-Verhältnis gefährdet. 6 von 10 Ärztinnen und Ärzten glauben, dass die Patientinnen und Patienten sowohl mit der Nutzung digitaler Angebote als auch mit deren Interpretation überfordert sind.

Schnieder-Preis Junge Macherin 

Tradierte wie hartnäckige Rollenklischees erschweren Mädchen und jungen Frauen den Einstieg in Berufe im Bereich der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Sie entscheiden sich dann auch seltener für entsprechende MINT-Studiengänge und -Karrieren. Auf den weiteren Qualifikationsstufen bis hin zur Professur nimmt der Frauenanteil weiter kontinuierlich ab. Mit dem „Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN“ möchte acatech weibliche Talente in den Technikwissenschaften fördern und zur Fortsetzung ihrer Karriere motivieren. Die acatech Mitglieder nominieren Absolventinnen technischer und naturwissenschaftlicher Studiengänge für den mit 3.000 Euro dotierten Preis, der jährlich vergeben wird und Bestandteil der Aktivitäten für mehr Gleichstellung in den Technikwissenschaften ist.  

Kampfpilotin und Doktorandin erhält den Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN 2022 

acatech zeichnete Ulrike Fitzer am 2. Juni 2022 auf der Hannover Messe mit dem „Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN“ aus. Sie war die erste Kampfpilotin der Bundeswehr und promoviert aktuell an der Jade Hochschule Wilhelmshaven. Aus Sicht der Jury erfüllt die Preisträgerin die drei Kriterien in hohem Maße. Besonders beeindruckend sei ihre Zielstrebigkeit, betonte Tamara Bechtold in ihrer Laudatio: Sie habe ihr Masterstudium trotz ihrer Tätigkeit bei der Bundeswehr mit Bestnote abgeschlossen. Das gilt auch für ihre anspruchsvolle Masterarbeit über Energiewandler, die Bechtold als Leiterin der Gruppe Mikrosystem Simulation an der Universität Rostock betreut hat. 

Mich motiviert, dass die Ergebnisse meiner Promotion vielleicht Menschen helfen können. Und die Arbeit macht mir großen Spaß.

Ulrike Fitzer, Preisträgerin des Schnieder-Preises JUNGE MACHERIN 2022

Neben Ulrike Fitzer wurden zwei weitere Masterabsolventinnen als Nominierte ausgezeichnet: Charlotte Büchter, Promovierende an der RWTH Aachen, und Lara Pauline De Broeck, Doktorandin an der TU Darmstadt. Aufgrund eines starken Bewerberfeldes hatte sich die Jury entschlossen, die zwei ebenfalls herausragenden Absolventinnen öffentlich zu nominieren. Auch sie sieht die Jury als exzellente Nachwuchsforscherinnen und junge Macherinnen im Sinne des Preises. 

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Video der Preisverleihung: Ulrike Fitzer (links) erhält den Schnieder-Preis JUNGE MACHERIN von den Stiftern Antonio und Katharina Schnieder (Mitte, rechts).

acatech HORIZONTE 

Die acatech HORIZONTE machen interessierten Menschen aktuelle Technikthemen von Relevanz für Umwelt und Gesellschaft zugänglich. Jede Ausgabe ist einem Technikfeld gewidmet, das neue Horizonte eröffnet, wirtschaftlich bedeutend ist und gesellschaftlichen Wandel ermöglicht. Die acatech HORIZONTE verschaffen Überblick – fundiert, anschaulich und auf dem neuesten Stand der Forschung. Sie klären die Faktenbasis und erörtern gesellschaftliche, volkswirtschaftliche und politische Fragen und Gestaltungsoptionen. Die im Jahr 2022 erschienene Ausgabe konzentrierte sich auf Horizonte der Biotechnologie. 

Zielgruppenspezifische Veranstaltungen, das HORIZONTE Logbuch und die sozialen Medien sind weitere Plattformen für die HORIZONTE-Themen. Dort teilen die Mitglieder der Projektgruppe Erfahrungen und persönliche Einschätzungen – etwa zu der Frage, warum wir uns als Gesellschaft mehr mit Biotechnologie beschäftigen sollten. 

Biotechnologische Methoden sind an der Entstehung nahezu aller Arzneimittel beteiligt, die heute auf den Markt kommen. Ohne Biotechnologie und Gentechnik gäbe es heute keine Coronaimpfstoffe.  Insbesondere die Entwicklung der mRNA-Technologie brachte einen entscheidenden Durchbruch. Sie könnte – angewandt in Gentherapien – auch bald Krebserkrankungen ihren Schrecken nehmen Voraussetzungen seien ein Gesundheitssystem, das individualisierte Therapien zulässt, und eine Gesellschaft, die offen über Vor- und Nachteile diskutiert und eine Vision entwickelt, was künftig wünschenswert und möglich sein soll und was nicht. 

acatech HORIZONTE erklärt, was bei der Corona-Impfung passiert.

Gewiss ist aus Sicht der Befragten, dass sich das Arzt-Patienten-Verhältnis grundsätzlich wandeln wird: Die Ärztinnen und Ärzte entwickeln sich zu „Informationsbrokern“, die nicht nur selbst diagnostizieren, sondern auch weitere Informationen und Daten für die Patientinnen und Patienten einordnen, bewerten und richtigstellen müssen. Patientinnen und Patienten hingegen bietet die Digitalisierung die Chance, die eigene Souveränität zu stärken: Sie recherchieren in Gesundheitsfragen häufiger selbst und werden immer mündiger. Entsprechend wichtiger wird das auch Thema „Digital Health Literacy“: 

acatech HORIZONTE zeigt, wie viel Biotechnologie in unseren Lebensmitteln steckt.

Genau das geschah bei acatech am Dienstag, als Fachleute der acatech HORIZONTE um Andrea Büttner (FAU Nürnberg-Erlangen/Fraunhofer IVV/acatech Mitglied) diskutierten, was Verbraucherinnen und Verbrauchern buchstäblich schmeckt und wie viel Genuss es sein darf und muss. 

Was wiederum Biotechnologie und Urban Mining miteinander zu tun haben, erklärten die wissenschaftlichen Referentinnen Christina Müller-Markus und Sandra Fendl in einem Social-Media-Video.

Journalistenpreis PUNKT 

Mit dem „Journalistenpreis PUNKT“ stärkt acatech den gesellschaftlichen Diskurs über Technik und Innovation. Seit Gründung 2005 bereichern mehr als 2.000 Journalistinnen und Journalisten sowie Fotografinnen und Fotografen den Preis mit ihren Einsendungen zu herausragendem Technikjournalismus und außergewöhnlicher Technikfotografie. Bereits 55 Preise, davon 7 Fotostipendien, hat acatech vergeben. Der Preis wird jährlich alternierend in den Kategorien Text sowie Multimedia und Foto vergeben. Die unabhängige Jury mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft legt besonderen Wert auf eine gute Recherche, originelle Darstellung und Neuigkeitswert. 

Gute Kommunikation mit und über Wissenschaft und Technik ist mehr als Information. Sie muss den informativen Inhalt anschaulich aber zutreffend erklären und die informierte Diskussion fördern und so Teilhabe ermöglichen. Unabhängiger Qualitätsjournalismus über Technik ist dafür beispielgebend – der PUNKT zeichnet ihn aus.

Jan Wörner, acatech Präsident und beratendes Mitglied des Journalistenpreises PUNKT 

Beiträge über Carbon Farming und Humanoide Roboter ausgezeichnet 

2022 wurden journalistische Leistungen in der Kategorie Text in den Sparten Tagesaktuell und Hintergrund prämiert. Das Rennen machten zwei Beiträge zu hochaktuellen Themen. Matthias Thome und Bertram Weiß beleuchteten „Humanoide Roboter: Elon Musks ,Tesla Bot‘ – ein großes Versprechen mit sehr vielen Fragezeichen“ (erschienen im GEO Magazin). Elon Musk hatte Entwicklungsschritte hin zu einem menschlichen Roboter inszeniert, der letztlich mehr Mensch als Roboter war. Die Journalisten des GEO Magazins nutzen, so das Votum der Jury, geschickt diesen Anlass für eine tiefergehende Reflexion, ohne dem Hype um den Multimilliardär zu folgen.  

Joshua Kocher wurde ausgezeichnet für seinen Beitrag „Die Erde mit Erde retten“, erschienen im Süddeutsche Zeitung Magazin. Seine Analyse der unterschätzten Rolle des Carbon Farming im Kampf gegen den Klimawandel gewann in der Sparte Hintergrund. „Er begeisterte die Jury neben fachlich herausragender Recherche mit einer so spannenden Dramaturgie, dass der Artikel kaum wegzulegen war“, erinnert sich Laudator Volker Banholzer. 

Preisverleihung mit vielen Gästen

Bremen, 17. Oktober 2022: Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften zeichnet im Universum Bremen Journalisten mit dem Journalistenpreis PUNKT2022 aus. Laudator Volker Markus Banholzer (von links) Preisträger Matthias Thome und Joshua Kocher sowie acatech Präsident Prof. Dr.-Ing. Jan Wörner. Foto: Karsten Klama

Den Gewinnerinnen und Gewinnern des „Journalistenpreis PUNKT“ möchte acatech neben dem begehrten „PUNKT-Pokal“ und einem Preisgeld von 5.000 Euro auch die Möglichkeit der Vernetzung bieten. Im Jahr 2022 fanden wir dazu mit der WISSENSWERTE Bremen eine besonders geeignete Bühne. Bei der beliebten Abendveranstaltung der Fachmesse konnten acatech Präsident Jan Wörner und Laudator Volker Banholzer unsere Preisträger in Anwesenheit zahlreicher Journalistinnen und Journalisten angemessen würdigen. 2023 stehen wieder Technikfotografie und interaktive Onlinemedien im Fokus der Ausschreibung. 

Kategorie: Foto
Kategorie: Multimedia
Kategorie: Text

Driving the Human 

Kunst, Wissenschaft und Technik denken je auf ihre Weise die Zukunft neu. Sie zusammenzubringen, das war das Ziel des interdisziplinären Projekts Driving the Human, das 2020 startete und über 1.000 Bewerbungen erhielt. Daraus wurden erst 21 und dann 7 Projekte ausgewählt. Diese präsentierten im November 2022 greifbare Prototypen.  

Impulse für die Ausgestaltung ihrer Prototypen holten sich die Teilnehmenden Mitte 2022 in einer Mentoring-Veranstaltung. Vera Meyer, acatech Mitglied, Professorin für angewandte und molekulare Mikrobiologie an der TU Berlin und freischaffende Künstlerin, diskutierte mit Stefan Böschen, Lehrstuhlinhaber für das Forschungs- und Lehrgebiet Technik und Gesellschaft am Human Technology Center der RWTH Aachen und Direktor des Käte Hamburger Kollegs Cultures of Research. Das Motto: „Towards Eco-social Renewal: blueprints for collaboration between science and the arts“.  

Die Diskussion kreiste um die Frage, wie man in einer immer komplexeren Welt ganzheitliche Lösungen entwickelt.Die zentrale Antwort des Podiums lautete: Transdisziplinarität. Viele Probleme seien zu groß, als dass eine Fachrichtung sie allein lösen könne. Denn oft können erst Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachrichtungen eine vielschichtige Situation vollständig erklären. Allerdings ist Transdisziplinarität schwierig, wenn sich Menschen immer weiter spezialisieren. Wie ist es also möglich, eine gemeinsame Sprache zu finden, wenn die Praktiken jeder Disziplin anders aussehen? Indem man in einem kleinen Rahmen fachübergreifend arbeitet und die eigene Arbeit reflektiert, lautete eine Antwort des Projekts Driving the Human. Dazu kombinierten sieben Teams künstlerische und wissenschaftliche Vorgehensweisen. Die Stärken der beiden Fachrichtungen würden sich ergänzen, sagte Stefan Böschen. Die Wissenschaft sei gut darin, sich auf eine einzelne Fragestellung zu fokussieren. Die Kunst helfe dabei, die Antworten auf diese Fragen in einen gesellschaftlichen Kontext einzuordnen. Vera Meyer ging noch einen Schritt weiter: Kunst und Wissenschaft könne man nicht nur als Symbiose zweier Bereiche denken. Kunstschaffende und Forscherinnen und Forscher haben nach ihren Worten vieles gemeinsam. Beide Personengruppen seien neugierig und würden ähnliche Ziele teilen: relevante Fragen zu ergründen und die Erkenntnisse zu kommunizieren. 

Driving the Human Mentoringveranstaltung 2022
© Camille Blake

Bei der Mentoring-Veranstaltung gaben Kunstschaffende und Forschende den sieben Projektteams Impulse für ihre Arbeiten, deren Ergebnisse Ende 2022 in Berlin präsentiert wurden.
© Camille Blake

Driving the Human Mentoringveranstaltung 2022
© Camille Blake

Experiment und Diskussion prägten die dreitägige Abschlussveranstaltung Driving the Human Festival. Sieben Prototypen wurden als Rauminstallation, Architekturmodell oder als Videospiel präsentiert. Ein Prototyp fragte: „Do AIs Dream of Climate Chaos?“ Er erforschte Wege, wie Künstliche Intelligenz den Klimawandel abmildern statt beschleunigen könnte. Das Projekt „The Backpack of Wings“ reflektierte in einem Kurzfilm, wie die Menschen durch Geo-Tracking-Technologien Tiere instrumentalisieren. Der Prototyp „Monsters and Ghosts of the Far North“ ermöglichte, die Arktis in einem Videospiel aus der Sicht eines Vogels oder eines Bakteriums zu erleben.Zusätzlich fanden Touren, Diskussionen und Performances statt. Die Gäste konnten ein Umweltmessgerät bauen und programmieren oder erfuhren, wie sie komplexe wissenschaftliche Themen auf TikTok vermitteln können. Im Workshop „Reste der Reste“ konnten Kinder und Erwachsene aus Pilzen Materialien oder Kunstobjekte formen.  

Ausgerichtet wurde die Veranstaltung von der Mentoring-Plattform Forecast. Driving the Human ist ein gemeinsames Projekt der vier Partnerinstitutionen acatech, Mentoring-Plattform Forecast, HfG Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert. 

© Driving the Human Festival 2022, Foto: Camille Blake

© Driving the Human Festival 2022, Foto: Camille Blake

© Driving the Human Festival 2022, Foto: Camille Blake

Bayern.Denkt.Zukunft  

© Fraunhofer CeRRI

Bayern ist ein Hightech-Standort und zählt gleichzeitig die meisten landwirtschaftlichen Betriebe im Bundesländervergleich. Der Freistaat hat gleich zwei Metropolregionen – aber auch abgeschiedene, ländliche Regionen. Wie lassen sich Brücken zwischen Stadt und Land schlagen und Entwicklungsmöglichkeiten für das Bundesland aufzeigen? Wie stellen sich die Menschen in Bayern die Zukunft vor? Wo sehen die Bürgerinnen und Bürger durch neue Technologien Chancen für sich und ihre Region? Das vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geförderte und im April 2021 gestartete Projekt Bayern denkt Zukunft suchte Antworten auf diese Fragen– und vor allem den Dialog mit der Bevölkerung: 

  • Zwei regionalspezifische Inspirationswerkstätten in Niederbayern und in Unterfranken im Februar 2022 gingen der Frage nach, welche Chancen die pandemiebedingten Veränderungen der Arbeitswelt – Stichwort „Remote Work“ – für ländliche Regionen mit sich bringen. Lohnt es sich für Gemeinden und Kommunen Co-Working-Spaces zu fördern? Die WerkstattGäste  unterstrichen, dass solche Einrichtungen zur Belebung des Ortskerns, der lokalen Wirtschaft oder des Vereinslebens beitragen können. 
  • Zu einem virtuellen Barcamp kamen im März 2022 über 80 Bürgerinnen und Bürger zusammen. In verschiedenen Sessions diskutierten sie über Themen wie Ernährung der Zukunft, Mobilität oder innovative Wohnformen für Alt und Jung. Sie identifizierten Handlungsfelder, die für die Regionalentwicklung wichtig sind: Hochschulen als Orte der Wissenschaft müssen auch außerhalb von Großstädten im Bewusstsein der Menschen verankert werden. Auch abstrakte Forschungsthemen müssen in Bezug zur Lebensrealität von Bürgerinnen und Bürgern gesetzt und damit zugänglicher werden. Eine Begegnung von Praxis und Wissenschaft auf Augenhöhe sei ebenso wichtig wie eine gemeinsame Sprache.

Die Reihe Bayern.Denkt.Zukunft umfasste insgesamt virtuelle Beteiligungs- und Dialogformate. Das Ziel: Bayerische Bürgerinnen und Bürger diskutierten auf Augenhöhe mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung, deckten Innovationspotenziale auf und beteiligten sich an der Gestaltung langfristig erfolgreicher regionaler Innovationsökosysteme. Solche Dialog-Angebote sind wichtig, so ein Fazit, um bevölkerungsübergreifend Vertrauen in Innovationsprozesse und demokratische Strukturen zu fördern. 

Meldungen

Beratung EU und weltweit

© Shutterstock/Kzenon 

Europäische Politikberatung 

acatech ist die Stimme der Technikwissenschaften und bringt diese sowohl national als auch auf EU-Ebene und weltweit ein. Auf europäischer Ebene organisiert acatech das Sounding Board on Innovation, ist Mitglied im Dachverband Euro-CASE und koordiniert das EU-Projekt SAPEA.

European Sounding Board on Innovation

Im November 2022 besuchte Mariya Gabriel die acatech Geschäftsstelle in München. Die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend startete gemeinsam mit den acatech Präsidenten und dem Präsidium das European Sounding Board on Innovation.

acatech Präsident Jan Wörner, EU-Kommissarin Mariya Gabriel und ihr Kabinettsmitglied Isidro Laso Ballesteros. (© acatech / David Ausserhofer)

Mariya Gabriel mit acatech Präsident Jan Wörner (links) und acatech Präsident a. D. Reinhard Ploss (rechts) zum zum Launch des European Sounding Board on Innovation (© acatech / David Ausserhofer)

Portfoliokonferenz am 23. November 2022 in München mit EU_Kommisarin Mariya Gabriel (© acatech / David Ausserhofer)

Mit dem European Sounding Board on Innovation etabliert acatech ein direktes Beratungsinstrument auf europäischer Ebene, durch das die europäische Forschungslandschaft wesentlich mitgestaltet werden kann. Weitere Informationen hierzu finden sich in Abschnitt Technik in Politik und Gesellschaft.

Euro-CASE 

acatech ist Mitglied des europäischen Dachverbunds Euro-CASE, in dem 22 technikwissenschaftliche Akademien mit insgesamt 6.000 Expertinnen und Experten organisiert sind. acatech Präsident Jan Wörner ist Euro-CASE-Vorstandsmitglied. Der Verbund arbeitete im Jahr 2022 in europäischen Expertenplattformen zu Themen wie „Challenges for European Science and Technology driven innovation in Europe“ und „Integration of Early Career Professionals“. Euro-CASE repräsentiert außerdem die Technikwissenschaften im europäischen Akademienprojekt SAPEA – Science Advice for Policy by European Academies.
Zur Förderung der transatlantischen Zusammenarbeit richtet Euro-CASE gemeinsam mit der US National Academy of Engineering (NAE) jährlich das EU-US Frontiers of Engineering Symposium aus. Dort diskutieren junge Technikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus Europa und den USA über Möglichkeiten, innovative Technologien noch besser für die Gesellschaft nutzbar zu machen. Im Jahr 2022 fand das Symposium für den technikwissenschaftlichen Nachwuchs in Bled (Slowenien) statt. Dort standen Themen wie Prothetik und KI sowie Post-Lithium-Ionen-Batterien im Mittelpunkt.
„From Open Science to Innovation. An engineering challenge for Europe“: Das war das Motto der Euro-CASE-Jahreskonferenz 2022 in Brüssel. Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, eröffnete die Konferenz mit einer Videobotschaft.

 

SAPEA – Science Advice for Policy by European Academies 

Die 5 europäischen Akademienverbünde Academia Europaea, ALLEA, Euro-CASE, FEAM und YASAS bündeln das Expertenwissen von über 100 Akademien in mehr als 40 Ländern in Europa. Sie sind im Rahmen des Projekts SAPEA – Science Advice for Policy by European Academies Teil des wissenschaftlichen Beratungsmechanismus der Europäischen Kommission (Scientific Advice Mechanism – SAM). Das SAPEA-Projekt wird durch Horizon Europe gefördert und von acatech koordiniert. Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse auf europäischer Ebene stärker und frühzeitig in den politischen Entscheidungsprozess einfließen zu lassen.
Dabei richten die EU-Kommissarinnen und -Kommissare direkt politikrelevante wissenschaftliche Fragen an die Gruppe der wissenschaftlichen Chefberaterinnen und -berater. Die Akademien tragen das zur Verfügung stehende Wissen zusammen und erarbeiten evidenzbasierte Optionen für politisches Handeln – interdisziplinär, unabhängig und auf dem besten Stand der Wissenschaft. Die SAPEA-Evidenzberichte bilden das wissenschaftliche Fundament für Stellungnahmen der Gruppe der wissenschaftlichen Chefberaterinnen und -berater an die EU-Kommission.

 

Im Jahr 2022 veröffentlichte SAPEA zwei Evidenzberichte: Die Erkenntnisse des Berichts „Improving cancer screening in the European Union“ sind in die Aktualisierung der Empfehlung des Rats zur Krebsfrüherkennung eingeflossen. Vor dem Hintergrund der multiplen Krisen unserer Zeit fokussierte der zweite Bericht auf „Strategic crisis management in the European Union“. In der Arbeitsgruppe engagierten sich unter anderem die acatech Präsidiumsmitglieder Claudia Eckert und Ortwin Renn.


Aufbauend auf dem SAPEA-Bericht A sustainable food system for the EU arbeiten Expertinnen und Experten der Akademien darüber hinaus an dem Thema „Towards sustainable food consumption“, dessen Erkenntnisse Mitte 2023 eine Grundlage für die Revision der Farm-to-Fork Strategie der EU darstellen.

SAPEA hat zudem seine Podcast-Serie erweitert. Beispielsweise erörtert Barbara Prainsack, Vorsitzende der European Group on Ethics in Science and New Technologies (EGE) und acatech Mitglied, das Thema „Ethics advice in a crisis“ in einem Interview.

Übergabe der Berichte zum Thema „Strategic Crisis Management in the EU“ an EU-Kommissarin Mariya Gabriel und EU-Kommisar Janez Lenarčič im Europäischen Parlament in Straßburg (von links nach rechts Mariya Gabriel, Janez Lenarčič, Joanna Drake (stellv. GD Forschung und Innovation), Tina Comes (Vorsitzende der SAPEA-Arbeitsgruppe), Maarja Kruusmaa (Mitglied der Gruppe der wissenschaftlichen Chefberaterinnen und -berater)
© Europäisches Parlament

Brüssel-Büro

Mitte des Jahres 2022 verstärkte acatech das Büro in Brüssel und begann eine operative und strategische Neuausrichtung. Zukünftig wird es dazu beitragen, dass die Akademie evidenzbasierte Beratung in politische Entscheidungen auf europäischer Ebene noch stärker einbringt, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft gestärkt wird und sich acatechs Profil auf europäischer Bühne schärft.

Weltweite Kooperationen und Aktivitäten

acatech ist fest davon überzeugt, dass grenzüberschreitendes Denken und internationale Zusammenarbeit die entscheidenden Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sowie für das Erreichen globaler Ziele darstellen. Die Akademie pflegt weltweit bilaterale Beziehungen zu technikwissenschaftlichen Akademien, Stiftungen, Think Tanks und weiteren Einrichtungen. Durch diesen Austausch verankert acatech nationale Themen der Akademie im internationalen Kontext und greift Impulse aus anderen Ländern für die eigene Arbeit auf. Im Mittelpunkt standen 2022 die Themen Energie und Innovation, Industrie 4.0 sowie Bildung und Wissen.

Engagement im Akademienverbund CAETS

Im internationalen Akademienverbund CAETS engagiert sich acatech seit 2005. CAETS ist die weltweite Vereinigung von 31 technikwissenschaftlichen Akademien. 2022 war ein Jahr intensiver Zusammenarbeit innerhalb dieses weltweiten Verbundes.

Die CAETS Jahresveranstaltung fand vom 26. bis 29. September 2022 in Versailles (Frankreich) statt. Im Mittelpunkt des CAETS-Symposiums standen „Breakthrough Technologies for Healthcare“. Über 200 Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft und der Industrie aus 32 Ländern diskutierten Trends und Herausforderungen zu Gesundheitstechnologien. Christiane Woopen, acatech Mitglied und Direktorin des Instituts für Ethik der Universität Bonn, sprach in ihrer Keynote über neue Anwendungen von digitalen Technologien, inklusive algorithmischer Systeme, im Gesundheitsbereich und forderte „Ethics by Design in Technologies for Health“. Als Herausforderungen in diesem Zusammenhang sieht Woopen die Entwicklung innovativer Technologien, das Aneignen technischer Skills sowie die Datensicherheit. Darüber hinaus unterstreicht sie, dass auch ethische Aspekte wie Autonomie, Privatsphäre, Gerechtigkeit und Solidarität von Anfang an mitgedacht werden. Dieser Apell wurde in der abschließenden Session „Ethics and Societal Impacts for Technological Breakthroughs“ aufgenommen, die Christiane Woopen gemeinsam mit Claudie Haignere, französische Astronautin und Politikerin, koordinierte.

Christiane Woopen moderiert die Abschlussdiskussion des CAETS-Symposiums. (© Gael Kazaz).

EU-Kommissar Thierry Breton adressiert die globalen Herausforderungen. (© Gael Kazaz).

Der EU-Kommissar Thierry Breton, zuständig für den europäischen Binnenmarkt, zeichnete ein Bild der großen Herausforderungen, denen Europa derzeit gegenübersteht. Er unterstrich dabei den hohen Stellenwert der Technikwissenschaften, da diese wegweisende Innovationen kreiere.

Die CAETS-Arbeitsgruppe Energie, zu deren 69 Mitgliedern auch die acatech Mitglieder Frank Behrendt und Ulrich Wagner gehören, veröffentlichte einen CAETS-Report zur Reduktion von Treibhausgasemissionen. acatech engagierte sich darüber hinaus auch zu den Themen Sustainable Development Goals (SDGs), Diversity and Inclusion sowie dem CAETS-Kommunikationspreis.

acatech kooperiert mit Schwesterakademien

Königlich Schwedische Akademie der Ingenieurwissenschaften (IVA)

Seit 1984 organisiert die schwedische Akademie der Technikwissenschaften die Royal Technology Mission, die der schwedische König begleitet. Sie dient der Sondierung von Themen, der Vernetzung und dem Austausch von Wissen. Die Royal Technology Mission 2022, die im Mai 2022 stattfand, fokussierte auf die Themen Energie und Digitalisierung.

Die Teilnehmenden der Mission besuchten die beiden größten Volkswirtschaften der EU – Deutschland und Frankreich. In Kooperation mit der Schwedischen Akademie der Technikwissenschaften organisierte acatech das Programm in Deutschland. An der Spitze einer hochrangigen dreißigköpfigen Delegation besichtigte der schwedische König Carl XVI. Gustaf wissenschaftliche Institutionen, Start-ups und etablierte Unternehmen. Der schwedische König sowie die Teilnehmenden besuchten Adlershof Science City, Volkswagen, EUREF-Campus, Siemensstadt Square, TenneT, 50 Hertz, Solytic, TERAKI. Anschließend diskutierten sie in der schwedischen Botschaft in Berlin mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft auf dem Symposium „Energy Transition and European Competitiveness“.

Königlicher Besuch am EUREF Campus in Berlin: Reinhard Müller, Vorstandsvorsitzender EUREF AG; Carl XVI. Gustaf, König von Schweden; Karin Teichmann, Mitglied des Vorstand EUREF AG (von links nach rechts)
Foto: © Andreas Schwarz
Französische Akademie der Technischen Wissenschaften (NATF)

Jan Wörner und Denis Ranque, die Präsidenten der Deutschen und Französische Akademie der Technikwissenschaften, haben am 12. und 13. April 2022 in Paris eine nochmals vertiefte Zusammenarbeit der Akademien vereinbart. Die Akademien wollen sich zukünftig auf gemeinsame Projekte und Veranstaltungen sowie einen regelmäßigen Informationsaustausch zu Nachwuchsförderung in den MINT-Fächern, Nachhaltigkeit, Energie und Ressourcen, Sicherheit sowie Informations- und Kommunikationstechnologie konzentrieren. Ein erster gemeinsamer Workshop über die Zukunft der Mobilität und Energieversorgung fand im Februar 2023 in München statt.

Akademientreffen in München: Patrick Maestro (NATF), Stephanie Dachsberger, Yves Bamberger (NATF), Claudie Haigneré (NATF), Gérard Creuzet (NATF), Jan Wörner, Karen Wagner, Denis Ranque (NATF) (von links nach rechts)
Foto: © Stephanie Thiene
Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW)

Auch die Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Akademie der Technikwissenschaften (SATW) hat acatech vertieft. Bei einem Austausch am 5. Oktober 2022 standen die Früherkennung von Themen und Trends sowie neue Wege der Kommunikation im Vordergrund.

Teilnehmende des Austausch-Workshops „Früherkennung von Themen und Trends“. Foto: acatech

Weiteres internationales Engagement

acatech Mitglieder präsentierten im Jahr 2022 außerdem Themen und Ergebnisse der acatech in zahlreichen internationalen Konferenzen und griffen dort neue Impulse auf. Beispielhaft seien die Keynote-Beiträge von acatech Präsident Jan Wörner auf dem Global Engineering Innovation Forum 2022, von Henning Kagermann beim Robot Revolution & Industrial IoT International Symposium 2022 oder dem Japan Management Forum des Japan Productivity Center sowie von Michael Dowling im Rahmen der China-Woche genannt.

Entwicklung acatech

© acatech/Ausserhofer

219

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Mitarbeiterinnen & Mitarbeiter

630

Mitglieder

Mitglieder

106

Senatorinnen und Senatoren

Senatorinnen & Senatoren

21

Präsidiumsmitglieder

Präsidiumsmitglieder

17

Kuratoriumsmitglieder

Kuratoriumsmitglieder

Mitglieder 

Die Mitglieder von acatech sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aufgrund ihrer herausragenden wissenschaftlichen Leistungen in die Akademie aufgenommen werden. Sie stammen aus den Ingenieurwissenschaften, den angewandten Naturwissenschaften sowie den Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Im Jahr 2022 zählte acatech insgesamt 630 Mitglieder (Stand: Dezember 2022). 10 Wissenschaftlerinnen und 12 Wissenschaftler wählte die Mitgliederversammlung am 18. Oktober 2022 in die Akademie.

Das Votum unserer Mitgliederversammlung war einstimmig. Ich bin dankbar, dass alle gewählten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Wahl angenommen haben: Ihre herausragende Kompetenz fundiert die wissenschaftsbasierte Politik- und Gesellschaftsberatung durch acatech. Zudem sind die Herausforderungen an Forschung und Innovation nochmals immens gewachsen. Ich danke den neuen und allen bereits aktiven Mitgliedern für ihr tatkräftiges Engagement bei acatech.

acatech Präsident Jan Wörner

Auf ihrer jährlichen Versammlung stellten die acatech Mitglieder Weichen für die Entwicklung von acatech und die inhaltliche Arbeit der Akademie. Im Zentrum ihrer Diskussion standen der interdisziplinäre Austausch sowie Impulse für die Stärkung strategischer Souveränität. Neu gewählte Mitglieder stellten sich und ihre Forschung vor.  

Mitglieder beschließen flexiblere Zusammenarbeit 

Die Mitglieder beschlossen außerdem Änderungen in der Satzung von acatech: Die Obergrenze der Anzahl ordentlicher acatech Mitglieder wird durch Beschluss der Mitgliederversammlung auf Antrag der Präsidentin oder des Präsidenten der Wissenschaftsseite festgesetzt. Die Anzahl außerordentlicher und entpflichteter Mitglieder unterliegt keiner Limitierung. Ferner kann der Vorstand nun redaktionelle Änderungen am Satzungstext selbst vornehmen und zur Eintragung bringen. Konkret beschloss die Mitgliederversammlung Anpassungen im Sinne gendersensibler Sprache, die eine Neufassung der Satzung zur Folge haben.

Neue ordentliche acatech Mitglieder 2022

  • Prof. Dr. Monika Aidelsburger
  • Prof. Dr. Gianaurelio Cuniberti
  • Prof. Dr.-Ing. Stefanos Fasoulas
  • Prof. Dr. Veronika Grimm
  • Prof. Dr. Jürgen Groll
  • Prof. Dr. rer. nat. Stefanie Heiden
  • Prof. Dr. rer. nat. Doris Heinrich
  • Prof. Dr. Katharina Hölzle
  • Prof. Dr. Niels Hovius
  • Prof. Dr.-Ing. Dieter Krause
  • Prof. Dr. Dr. h.c. Ilka Parchmann
  • Prof. Dr. Dr. Jürgen Richter-Gebert
  • Prof. Dr. rer. nat. Tobias Schäffter
  • Prof. Dr. Christine Selhuber-Unkel
  • Prof. Dr. iur. Hartmut Weyer
  • Prof. h.c. Dr. h.c. Dr. ir. Wil van der Aalst

Neue außerordentliche acatech Mitglieder 2022 

  • Prof. Dr. Myles W. Jackson
  • Prof. Sami Kara
  • Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann
  • Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk
  • Prof. Dr. Helga Rübsamen-Schaeff
  • Prof. Dr. Chi Zhang

Verstorbene acatech Mitglieder

  • Prof. Dr. Roland Bulirsch
  • Prof. Dr.-Ing. Peter Elsner
  • Prof. Dr. phil. Reinhold Nickolaus
  • Prof. Dr. Dagmar Schipanski
  • Prof. Dr. Frank Träger
  • Prof. Dr. Eugen Woschni

Senat 

Der acatech Senat bildet neben den Mitgliedern die zweite Säule der Akademie. Senatorinnen und Senatoren sind führende Persönlichkeiten aus technologieorientierten Unternehmen, sowie Verbänden und großen Wissenschaftsorganisationen. Sie beraten die Akademie zu strategischen Fragen und ergänzen die wissenschaftliche Expertise um wirtschaftliche Anwendungsperspektiven. Zu ihrer Unterstützung vernetzen sich darüber hinaus von ihnen benannte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf inhaltlich-strategischer, kommunikativer und politischer Ebene im „SenatsNetzwerk“.

Einmal jährlich kommen die Senatorinnen und Senatoren zur Senatsveranstaltung in München zusammen. Im Juli 2022 diskutierten sie zu Gast bei der Siemens AG über den Wandel der Industrie im Zeitalter der Digitalisierung.

Senatsveranstaltung in München zu Gast bei der Siemens AG
© Peter Himsel

Einen regelmäßigen inhaltlichen Austausch im acatech Senat ermöglicht die virtuelle Veranstaltungsreihe „SENAT digital“. Die Mitglieder des Senats und des SenatsNetzwerks diskutierten im Jahr 2022 in diesem Rahmen über die Rolle von Wasserstoff für die Wirtschaft von morgen sowie über die Transformation des Gesundheitssystems.

Im Jahr 2022 waren 106 Senatorinnen und Senatoren beziehungsweise Senatsunternehmen im acatech Senat engagiert (Stand: 31. Dezember 2022).

Neue Senatsmitglieder 2022

  • Markus Blume
  • Yasmin Fahimi
  • Lisa Gradow
  • Jochen Hanebeck
  • Matthias Hartmann
  • Stefan Hartung
  • Jörg Hofmann
  • Donata Hopfen
  • Dr. Sabine Klauke
  • Matthias Kratzsch
  • Dr. Volker Meyer-Guckel
  • Markus Schäfer
  • Dr. Jochen Weyrauch

Präsidium und Vorstand 

Dem Präsidium obliegt die wissenschaftliche Leitung der Akademie. Das Präsidium repräsentiert die zwei Säulen der Akademie: 12 der 18 Präsidiumsmitglieder werden aus der Mitgliederversammlung und 6 aus dem acatech Senat gewählt. Neben den acatech Präsidenten und Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten gehört dem Präsidium auch der Geschäftsführer an.

In Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine veröffentlichte acatech einen IMPULS zu den Handlungszielen Sicherheit, Resilienz und Nachhaltigkeit. Mit strategischer Souveränität und internationaler Kooperation definiert er die wesentlichen Wege zur Erreichung dieser Ziele. Eingebettet in diese Perspektive vertiefte das Präsidium auf seiner Sitzung im September auf Schloss Hohenkammer – der ersten physischen Sitzung seit Beginn der Coronapandemie – die Überlegungen zur Internationalisierungs- und Europastrategie von acatech. Diese fanden auf der Portfoliokonferenz im November im Münchener Amerikahaus einen ersten Kulminationspunkt in der gemeinsamen Vorstellung des bei acatech angesiedelten European Sounding Board on Innovation mit Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation, Bildung, Forschung, Kultur und Jugend.

Im März 2022 übergab Karl-Heinz Streibich die Präsidentschaft für die Wirtschaftsseite an Reinhard Ploss. Dieser trat im Dezember 2022 aus persönlichen Gründen zurück, im März 2023 wurde Thomas Weber als Nachfolger an die Doppelspitze der Akademie gewählt. Das acatech Präsidium bestand zum 31.12.2022 aus 21 Mitgliedern (davon 18 stimmberechtigte Mitglieder). Der Vorstand der Akademie besteht aus den Präsidenten und dem Geschäftsführer.

Neue Präsidiumsmitglieder 2022 

  • Prof. Dr. Peter Dabrock
  • Prof. Dr. Karen Pittel
  • Frank Riemensperger
  • Prof. Dr. Katja Schenke-Layland

Kuratorium 

Das acatech Kuratorium setzt sich aus Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammen. Unter Vorsitz von Henning Kagermann unterstützt es insbesondere das geschäftsführende Präsidium bei der strategischen Ausrichtung der Akademie. Das Kuratorium kommt mindestens einmal im Jahr zusammen und bestand 2022 aus 17 Mitgliedern.

Neue Kuratoriumsmitglieder 2022

  • Karl-Heinz Streibich

Geschäftsstelle 

Die acatech Geschäftsstelle in München ist Hauptsitz der Akademie. Hier sind die Geschäftsleitung sowie ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Stab, Themenschwerpunkten, Organisation und Verwaltung tätig. In Berlin ist acatech mit einem Hauptstadtbüro vertreten. Das acatech Büro in Brüssel koordiniert die Vernetzung der Akademie auf EU-Ebene. Insgesamt waren im Jahr 2022 an den Standorten 219 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig, rund 65 Prozent davon Frauen. 41 studentische Hilfskräfte unterstützten im selben Zeitraum die Akademie.

Finanzen 

acatech ist eine gemeinnützige Einrichtung. Sie finanziert sich durch eine institutionelle Förderung, die zu gleichen Teilen von Bund, den 16 Bundesländern und dem Land Bayern getragen wird. Hinzu kommen projektbezogene Fördermittel aus öffentlicher und privater Hand.